Herz, Gefäße, Kreislauf

Herzkrankheiten

Endokarditis

Endokarditis (Herzinnenhautentzündung, Herzinnenwandentzündung): Entzündung der Herzinnenhaut, vor allem an den Herzklappen. Sie wird meist durch Bakterien oder Pilze verursacht (infektiöse Endokarditis) und macht sich zunächst mit Fieber, Blässe und Leistungsminderung bemerkbar. In schweren Fällen droht eine Blutvergiftung, manchmal kommt es durch Schädigung der befallenen Herzklappe auch zu einer Herzinsuffizienz.

Die infektiöse Endokarditis ist eine gefährliche Erkrankung, die in der Regel mit einem längeren Krankenhausaufenthalt verbunden ist. Für etwa 18 % der Betroffenen verläuft sie tödlich und bei über 30 % ist ein chirurgischer Eingriff an der zerstörten Herzklappe erforderlich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Fieber, Schüttelfrost, nächtliches Schwitzen
  • Allgemeine Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
  • Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopf- und Rückenschmerzen
  • Kleinste Hauteinblutungen an Handflächen und Fußsohlen (Petechien)
  • In fortgeschritteneren Stadien Zeichen der Herzinsuffizienz.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn eine fieberhafte Infektion verbunden ist mit

  • Atemnot
  • Ödemen
  • Hauteinblutungen
  • Blut im Urin.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Das Endokard, die innere Auskleidung des Herzens, hat stets Kontakt zum fließenden Blut und damit auch zu den Bakterien und Pilzen, die immer wieder für kurze Zeit im Blut zirkulieren. Schon bei alltäglichen Tätigkeiten wie dem Zähneputzen gelangen Mundkeime ins Blut, erst recht geschieht dies bei ärztlichen oder zahnärztlichen Eingriffen und fieberhaften Infekten. Ein gesunder Organismus macht diese Erreger in nur wenigen Minuten unschädlich. Bei schlechter Abwehrlage kann diese kurze Zeit aber ausreichen, dass sich Erreger an der Herzinnenhaut ansiedeln und dort festsetzen. Zu den wichtigsten Erregern der Endokarditis gehören Streptokokken, Staphylokokken, aber auch Enterokokken und Pilze, am häufigsten betroffen ist die Herzinnenhaut der Herzklappen.

Ursachen

Ursachen für eine solche Einschwemmung von Bakterien oder Pilzen sind z. B.

  • Infizierte Venenverweilkatheter
  • Intravenöser Drogenkonsum mit unsterilen Nadeln
  • Zahnärztliche Eingriffe
  • Operative Eingriffe
  • "Harmlose" Infekte im Körper, wie z. B. eine Blasenentzündung.

Risikofaktoren

Besonders anfällig für die Ansiedelung von Erregern sind bereits vorgeschädigte Herzklappen, wie dies z. B. bei degenerativ veränderten, verkalkten Klappen der Fall ist. An infektiöser Endokarditis erkranken daher bevorzugt ältere Menschen.

Außerdem besteht ein besonders hohes Risiko für eine infektiöse Endokarditis bei

  • Fremdkörpern im Herzen (z. B. künstliche Herzklappen, sogenannte Herzklappenprothesen)
  • Angeborenen Herzfehlern
  • Patient*innen mit überstandener Endokarditis.

Formen

Je nachdem wie aggressiv der Erreger ist, unterscheidet man eine akute und eine subakute Form der Endokarditis. Bei einer akuten Endokarditis kommt es innerhalb kürzester Zeit, oft schon innerhalb von 24 Stunden, zu massivem Fieber, Schwäche und Gelenkbeschwerden, typische Komplikationen sind die schwere akute Herzinsuffizienz durch Zerstörung einer Herzklappe und/oder eine Blutvergiftung (Sepsis) mit Multiorganversagen. Die subakute Endokarditis oder Endokarditis lenta verläuft schleichender und eher schubweise, daher wird die richtige Diagnose oft erst nach Wochen und Monaten gestellt.

Sonderform

Eine Sonderform der Endokarditis ist die Schädigung der Herzklappen durch (akutes) rheumatisches Fieber. Erreger eitriger Hals- und Mandelentzündungen, also Streptokokken der Gruppe A, können zur Bildung von Antikörpern führen, die fälschlicherweise auch mit körpereigenem Gewebe reagieren und es schädigen. Dadurch kommt es etwa 2 Wochen nach der Halsentzündung zur nichtinfektiösen Endokarditis (abakterielle Endokarditis). Sie ist Teil des rheumatischen Fiebers, das außerdem mit Entzündungen der Gelenke, der Haut und der Niere (Glomerulonephritis) einhergeht.

Im Vordergrund dieser durch ein Autoimmungeschehen bedingten Entzündung steht der Befall der Mitralklappe. Häufig schrumpft dadurch im Verlauf der nächsten Jahre und Jahrzehnte die Mitralklappe und verengt sich (Mitralklappenstenose). Ein rheumatisches Fieber lässt sich durch eine frühzeitige antibiotische Behandlung der Streptokokken-Angina verhindern. Da dies seit vielen Jahren praktiziert wird, ist das akute rheumatische Fieber in den Industrieländern mittlerweile zu einer seltenen Erkrankung geworden.

Komplikationen

Eine akute Endokarditis kann eine Herzklappe innerhalb weniger Stunden so stark schädigen, dass eine schwere Herzinsuffizienz entsteht. Die entzündlichen Vorgänge an Herzklappen führen außerdem häufig zu rasenartigen oder fadenförmigen Auflagerungen auf den Klappen, den Klappenvegetationen. Wenn sich diese bakterienhaltigen Klappenvegetationen ablösen und fortgeschwemmt werden, führt dies zu Durchblutungsstörungen und Keimverschleppungen in andere Körperteile bzw. Organe (septische Embolien). Daneben bringt auch der immunologische Abwehrkampf des Körpers zusätzliche Gefäßschäden in den betroffenen Organen mit sich. Diese Mechanismen sind verantwortlich für Symptome bzw. Komplikationen wie

  • Nierenfunktionseinschränkung mit Blut im Urin
  • Kleinste punktförmige Hauteinblutungen (Petechien), auch in Auge oder Gaumen
  • Bakterielle Einschleppungen (Embolien) mit der Folge von Abszessen, z. B. in Gehirn, Niere oder Milz
  • Schmerzhafte rötliche Knötchen an den Fingerbeeren, Handflächen und Fußsohlen (Osler-Knötchen)
  • Milzvergrößerung mit Gefahr der Milzruptur.

Diagnosesicherung

Hat die Ärzt*in einen Verdacht auf Endokarditis, legt sie mehrfach Blutkulturen an, um den Erreger zu züchten, zu identifizieren und damit das wirksamste Antibiotikum auswählen zu können. Bei der körperlichen Untersuchung achtet sie auf Einblutungen der Haut und Schleimhäute. Beim Abhören des Herzens fallen gelegentlich Herzgeräusche auf.

Das Labor zeigt eine erhöhte BSG und weitere Entzündungszeichen wie vermehrte weiße Blutkörperchen (Leukozytose) und ein erhöhtes CRP. Im Blutbild findet sich meist eine Anämie, beim rheumatischen Fieber sind die Antikörper gegen Streptokokken erhöht (Anti-Streptolysin-Titer).

Im Herzecho und vor allem in der transösophagealen Echokardiografie erkennt die Ärzt*in Klappenvegetationen oder kleine Abszesse der Herzinnenhaut. Das EKG hilft nur dann, wenn der angrenzende Herzmuskel von der Entzündung mit erfasst wird (Begleitmyokarditis).

Organkomplikationen deckt die Ärzt*in mit der entsprechenden Diagnostik auf. Zeigt die Patient*in Symptome wie bei einem Schlaganfall, sucht sie z. B. mithilfe eines MRT nach septischen Embolien im Gehirn. Urinuntersuchungen, Nierenwerte im Blut und Ultraschall zeigen Nierenkomplikationen an, einer vergrößerten Milz kommt er mit dem Bauchultraschall auf die Spur.

Behandlung

Die wichtigste Therapie ist eine 4 bis 6-wöchige Antibiotikabehandlung, die schon bei Krankheitsverdacht beginnt und bei Nachweis des Erregers angepasst wird. Normalerweise verbleibt die Patient*in dafür die ersten 2 Wochen im Krankenhaus, damit die Ärzt*innen etwaige Komplikationen frühzeitig erkennen können. Die antibiotische Therapie erfolgt intravenös, meist werden mindestens 2 Wirkstoffe kombiniert. Häufig verwendete Antibiotika sind Ampicillin, Gentamicin, Flucloxacillin und Vancomycin. Pilze bekämpft die Ärzt*in mit Amphotericin B oder 5-Fluorocytosin.

Schlägt diese Therapie nicht an und die Klappenfunktion verschlechtert sich, muss die Herzchirurg*in die infizierte Klappe operativ entfernen und eine Kunst- oder Bioklappe (vom Schwein) einsetzen (Herzklappenprothese). Große Klappenvegetationen mit Embolien (z. B. mit schlaganfallähnlichen Durchblutungsstörungen im Gehirn) erfordern mitunter eine vorbeugende Klappenoperation.

Beim rheumatischen Fieber bekommt die Patient*in Antibiotika gegen die Streptokokkeninfektion und entzündungshemmende Medikamente zur Behandlung der autoimmunen Reaktion. Schwere Verläufe behandeln die Ärzt*innen zusätzlich mit Kortison.

Prognose

Die Gesamtüberlebensrate beträgt unter Therapie etwa 80 %. Rückfälle sind häufig, jede 10. Endokarditispatient*in entwickelt eine weitere Herzklappenentzündung.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

  • Lassen Sie sich einen Herzpass ausstellen, den Sie bei allen ärztlichen Eingriffen vorlegen. Darin ist ein Behandlungsvorschlag für die Antibiotikaprophylaxe vermerkt.
  • Achten Sie als Risikopatient*in auf eine gute Zahnhygiene, aber vermeiden Sie aggressives Zähneputzen mit Zahnfleischbluten. Am besten verwenden Sie eine elektrische Zahnbürste mit weichen Borsten.
  • Schrecken Sie bei bakteriellen Infektionen nicht vor einer frühzeitigen und ausreichend langen antibiotischen Therapie nach Absprache mit Ihrer Ärzt*in zurück. Nehmen Sie Antibiotika immer wie verordnet bis zur letzten Tablette ein, auch wenn Ihre Beschwerden schon vorher nachgelassen haben.
  • Für Urlaubsreisen lassen Sie sich am besten eine Vorratspackung Antibiotika verschreiben, die Sie dann bei Bedarf einsetzen können.
  • Verzichten Sie auf Tätowierungen oder Piercings.

Antibiotika-Prophylaxe

Stark endokarditisgefährdet sind Patient*innen, die schon einmal an einer Endokarditis erkrankt waren und Patient*innen mit künstlicher Herzklappe oder schwerem angeborenem Herzfehler (siehe oben Risikofaktoren). Hier empfehlen Ärzt*innen vor Untersuchungen und operativen Eingriffen, bei denen bekanntermaßen Bakterien in die Blutbahn gelangen, eine vorbeugende Antibiotikaeinnahme. Diese Endokarditisprophylaxe besteht in der Regel in einer einmaligen Antibiotikagabe kurz vor dem Eingriff.

Die Empfehlung gilt für Maßnahmen wie operative Eingriffe in Nasen-Rachen-Raum, bei Eingriffen an infiziertem Gewebe in Atem-, Magen-Darm- und Urogenitaltrakt, operativen Behandlungen von Abszessen oder bei zahnärztlicher Behandlung mit Blutungsgefahr (z. B. Zahnextraktion).

Bei Vorhof- und Kammerseptumsdefekt, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie, Mitralklappenprolaps, rheumatisch bedingten Herzerkrankungen und bei verkalkter Aortenklappenstenose soll entgegen früherer Empfehlungen auf eine Antibiotikaprophylaxe zukünftig verzichtet werden, weil die Endokarditisgefahr durch derartige Eingriffe nicht ansteigt.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzbeutelentzündung

Herzbeutelentzündung (Perikarditis): Entzündliche Veränderungen des Herzbeutels, die durch Reibungen und Ergüsse Schmerzen verursachen und die Herzfunktion behindern. Hervorgerufen wird die Entzündung des Herzbeutels z. B. durch infektiöse Erreger (überwiegend Viren), Autoimmunerkrankungen, größere Herzinfarkte oder einen Anstieg von Substanzen im Blut, die über die Nieren ausgeschieden werden müssen (bei Nierenversagen).

Die Erkrankung ist durch Medikamente kaum beeinflussbar, heilt aber meist folgenlos aus, wenn sich der Patient ausreichend schont. In manchen Fällen entwickelt sich jedoch eine chronische Herzbeutelentzündung (chronische Perikarditis), die den Herzbeutel verhärten lässt. Er wird dann zu einer Art Außenpanzer, der die Pumpfunktion des Herzens behindert.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Akute Herzbeutelentzündung
  • Im Rahmen eines fieberhaften Infekts plötzliche stechende Schmerzen hinter dem Brustbein
  • Schmerzverstärkung durch Atmen, Husten oder Änderung der Körperlage
  • Keine Besserung der Beschwerden nach Nitratgabe (Nitrospray).
  • Chronische Herzbeutelentzündung
  • Gestaute Halsvenen, Oberbauchbeschwerden
  • Atemnot
  • Bauchwasser, Beinödeme
  • Leistungsminderung, vermehrte Müdigkeit.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn bei einem fieberhaften Infekt

  • stechende Schmerzen hinter dem Brustbein auftreten.
  • es zu Atemnot kommt.

In den nächsten Tagen bei

  • oben genannten Anzeichen einer chronischen Herzbeutelentzündung.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Das Herz liegt innerhalb des Brustkorbs geschützt im Herzbeutel, dem Perikard. Herzaußenfläche und Herzbeutel sind spiegelglatt und gleiten unterstützt durch einen dünnen Flüssigkeitsfilm bei jeder Pumpbewegung des Herzens reibungslos aneinander vorbei. Entzündungen am Herzbeutel rauen die Herzaußenflächen und den Herzbeutel auf, was zu stechenden Schmerzen führt. Dieser Schmerz lässt jedoch nach einigen Tagen nach, weil sich durch die Entzündung viel Sekret im Spaltraum zwischen Herzbeutel und Herzaußenwand bildet, das als Gleitmittel wirkt.

Nimmt der Erguss übermäßig zu, verhindert er eine ausreichende Entfaltung und Blutfüllung der Herzkammern. Bei einer solchen Herzbeuteltamponade (Perikardtamponade) staut sich das Blut vor dem rechten Herzen, erkennbar an hervortretenden Halsvenen. Durch fehlende Füllung des linken Herzens kommt es zu niedrigem Blutdruck, schnellem Herzschlag, Atemnot oder allgemeiner Schwäche. Bei einem besonders ausgeprägten Erguss droht durch die Tamponade sogar ein Herz-Kreislauf-Stillstand.

Weil Herzbeutel (Perikard) und Herzmuskel (Myokard) so eng beieinander liegen, tritt die Herzbeutelentzündung häufig zusammen mit einer Herzmuskelentzündung auf. Dies nennt der Arzt dann Perimyokarditis.

Ursachen

Es kommen eine Vielzahl von Ursachen in Frage, so

  • Viren wie Coxsackieviren, Adenoviren, Influenzaviren
  • Bakterien wie Pneumokokken, Hämophilus oder Tuberkulosebakterien; entweder im Rahmen einer Blutvergiftung oder lokal weitergeleitet von einer Lungenentzündung
  • Pilze wie z. B. Candida, Parasiten wie Echinokokken
  • Autoimmunerkrankungen, entzündliche Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen)
  • Rheumatoide Arthritis
  • Übergreifen von Brustkrebs oder Lungenkrebs auf den Herzbeutel
  • Bestrahlungen im Rahmen einer Krebstherapie
  • Herzoperationen oder Brustkorbverletzungen
  • Urämie.

Komplikationen

Eine gefürchtete Komplikation ist die narbige Schrumpfung des Herzbeutels mit der Folge einer chronischen konstriktiven Perikarditis (Pericarditis constrictiva, Panzerherz). Dadurch wird das Herz eingeschnürt, und die Herzkammern können sich nicht mehr ausreichend ausdehnen und mit Blut füllen. Gegebenenfalls muss der vernarbte Herzbeutel operativ entfernt werden, um die Blutzirkulation im Herz-Kreislauf-System zu sichern.

Diagnosesicherung

Anfangs verursacht die Bewegung des Herzmuskels im entzündeten Herzbeutel kratzende, reibende Geräusche durch das Aneinanderreiben der beiden Herzbeutelblätter. Dieses typische Perikardreiben kann der Arzt mit dem Stethoskop hören, allerdings nur kurze Zeit. Im Verlauf weniger Tage bildet sich im Perikardspalt nämlich ein Erguss, der die beiden Herzbeutelblätter auseinanderdrängt und dem Reiben ein Ende bereitet.

Im Röntgenthorax ist bei einem ausgeprägten Erguss ein vergrößertes Herz zu sehen. Am einfachsten gelingt dem Arzt der Nachweis oder der Ausschluss eines Perikardergusses jedoch mit der Echokardiografie. Mit ihr kann er auch die Ergussmenge und die Einschränkung der Pumpfunktion gut abschätzen. Die Echokardiografie eignet sich auch sehr gut, um beim Verdacht auf eine chronische Herzbeutelentzündung Verkalkungen und Fibrosen (Bindegewebsvermehrungen) nachzuweisen. In manchen Fällen punktiert der Arzt den Erguss und zieht mit einer Hohlnadel Flüssigkeit ab, um diese im Labor zu untersuchen. Durch Blutuntersuchungen lässt sich zudem die Ursache der Herzbeutelentzündung eingrenzen.

Differenzialdiagnosen. Atemabhängige Schmerzen hinter dem Brustbein kommen auch vor bei Pneumonie, Spannungspneumothorax und Lungenembolie. Mit starken kontinuierlichen Schmerzen im Brustbereich machen sich z. B. Angina pectoris, Herzinfarkt oder Magengeschwür bemerkbar.

Behandlung

Die Behandlungsmöglichkeiten und der weitere Verlauf hängen vom Ausmaß der Erkrankung und von der auslösenden Ursache ab.

  • Körperliche Schonung bis zum Ausheilen der Herzbeutelentzündung ist wie bei der Herzmuskelentzündung unabdinglich.
  • Oft liegt eine nicht näher identifizierbare Virusinfektion vor, die der Arzt mit entzündungshemmenden Medikamenten wie nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, z. B. Diclofenac) therapiert. NSAR verordnet der Arzt auch, wenn keine Ursache für die Herzbeutelentzündung zu finden ist.
  • Bei einer bakteriellen Infektion verordnet der Arzt Antibiotika, bei Kollagenosen (entzündlichen Bindegewebserkrankungen) Kortison.
  • Die urämische Herzbeutelentzündung therapiert der Arzt mit Hilfe der Dialyse.

Chirurgische Verfahren

  • Droht eine lebensbedrohliche Herzbeuteltamponade, punktiert der Arzt den Erguss durch die Brustwand hindurch und zieht die Flüssigkeit ab (Perikardpunktion).
  • Zum längeren Ableiten von Flüssigkeit legt der Arzt auch einen weichen Schlauch, eine Drainage, vom Herzbeutel durch die Haut nach außen. Dies ist häufig bei infizierten Ergüssen notwendig.
  • Bei chronischen Ergüssen schneiden die Ärzte ein Loch in den seitlichen Herzbeutel, damit die Flüssigkeit in den Pleuraspalt abläuft und dort resorbiert (aufgesogen) wird. Dieses Verfahren nennt man Perikardfensterung.
  • Die chronisch-konstriktive Herzbeutelentzündung erfordert meist ein operatives Eingreifen der Ärzte. Dabei entfernen sie einen Großteil des verdickten oder verkalkten Herzbeutels (Perikardektomie).

Prognose

Die Prognose ist mit der Ursache der Herzbeutelentzündung verbunden. Die meisten akuten Herzbeutelentzündungen heilen aus. Viral verursachte Herzbeutelentzündungen neigen jedoch dazu, immer wieder aufzutreten. In eine chronische-konstriktive Perikarditis gehen vor allem Herzbeutelentzündungen über, die durch Bakterien, Parasiten oder Bestrahlung hervorgerufen wurden.

Ihr Apotheker empfiehlt

  • Schonen Sie sich ausreichend! Belasten Sie sich erst wieder, wenn Ihr Arzt Entwarnung gibt.
  • Verzichten Sie während der Ausheilungsphase Ihrer Herzbeutelentzündung auf Alkohol.
  • Versuchen Sie Infekten auszuweichen, d. h. meiden Sie Menschenansammlungen und Kontakt zu Personen mit Husten und Erkältungen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzfehler, angeborene

Angeborene Herzfehler: Fehlbildungen des Herzens durch genetische Veranlagungen oder äußere Einflüsse wie Infektionen oder Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Knapp 1 % der Neugeborenen kommt mit Herz- und Gefäßfehlbildungen zur Welt. Fehlbildungen treten isoliert und kombiniert auf, teilweise behindern sie nur den ungestörten Blutfluss im Herz-Kreislauf-System, teilweise führen sie auch zu einer Vermischung von arteriellem und venösem Blut. Die Beschwerden variieren stark: Manche Herzfehler bleiben lange unbemerkt, andere führen schon in den ersten Lebenstagen zu bedrohlichen Zuständen.

Die Heilungschancen sind – auch dank des heutigen technischen Niveaus in der Herzthoraxchirurgie – oft sehr gut.

Symptome und Leitbeschwerden

Bei Neugeborenen und Säuglingen

  • Trinkschwäche
  • Gedeihstörung
  • Atemnot
  • Bläuliche Verfärbung von Haut und Schleimhäuten (Zyanose).

Bei Kindern, Heranwachsenden und Erwachsenen

  • Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, rasche Ermüdbarkeit, Atemnot bei Belastung
  • Bläuliche Verfärbung von Haut und Schleimhäuten (Zyanose)
  • Häufige Infektionen der Bronchien und der Lunge
  • Herzklopfen, Herzstolpern, Brustschmerzen
  • Wachstums- und Entwicklungsverzögerung.

Wann zum Arzt

Viele, vor allem schwere Herzfehler, erkennen die Ärzte schon unmittelbar nach der Geburt oder bei den nächsten Vorsorgeuntersuchungen. Ansonsten gilt:

Sofort zum Arzt bei

  • schwerer Atemnot und Zyanose
  • starkem Brustschmerz.

In den nächsten Tagen bei

  • eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Atemnot bei Belastung
  • Wachstums- und Entwicklungsstörungen
  • Herzklopfen oder Herzstolpern.

Diagnosesicherung

Auffällige Herzgeräusche geben oft unmittelbar nach der Geburt oder bei den Vorsorgeuntersuchungen erste Hinweise auf einen Herzfehler. Diesem Verdacht geht der Arzt mit technischen Untersuchungen weiter nach. Dazu gehören vor allem

  • Elektrokardiogramm (EKG)
  • Echokardiografie
  • Röntgenuntersuchung
  • MRT des Herzens (Kardiokernspin)
  • Herzkatheteruntersuchung.

Die Erkrankungen, ihre Ursachen und ihre Behandlung

Ursachen

Angeborene Herzfehler entstehen häufig durch Störungen der Erbinformation, z. B. bei chromosomalen Defekten oder Gendefekten. Trisomien wie z. B. das Down-Syndrom gehen häufig mit einem Vorhofseptumdefekt einher, Patienten mit einem Turner-Syndrom leiden oftmals unter einer Aortenisthmustenose.

Andere Faktoren, die das Herz in seiner Entwicklung schädigen und zu angeborenen Herzfehlern führen, sind

  • Medikamente, die die Mutter während der Schwangerschaft einnimmt (z. B. Zytostatika, Medikamente gegen Epilepsie oder Immunsuppressiva).
  • Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft.
  • Infektionen der Mutter, vor allem im ersten Drittel der Schwangerschaft (jedes 2. Kind mit einer Rötelnembryopathie entwickelt einen Herzfehler).
  • Ionisierende Strahlen (z. B. Röntgenstrahlen).

Verlauf

Herzfehler mit großer Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System machen sich schon in den ersten Tagen nach der Geburt deutlich bemerkbar und erfordern häufig sofortiges chirurgisches Eingreifen. Manche (seltenen) Herzfehler sind leider so komplex, dass die betroffenen Kinder das Erwachsenenalter trotz intensiver kardiochirurgischer Bemühungen nicht erreichen. Andere angeborenen Herzfehler bekommen die Ärzte mit herzchirurgischen Maßnahmen so gut in den Griff, dass die Kinder eine annähernd normale Lebenserwartung haben.

Einige Herzfehler fallen erst im Erwachsenenalter auf, weil das Herz es über Jahrzehnte schafft, die angeborene Störung auszugleichen. So z. B. beim Vorhofseptumdefekt (näheres siehe unten), der manchmal erst durch einen Schlaganfall ans Licht kommt. Seltene Ursache eines Schlaganfalls sind nämlich sogenannte paradoxe Embolien. Hierbei gelangen Blutgerinnsel aus den Beinvenen über das Loch in der Vorhofscheidewand direkt in das linke Herz, ohne vorher in den Lungengefäßen abgefangen zu werden. Von dort aus werden sie in Gehirngefäße geschwemmt, wo sie steckenbleiben und einen Schlaganfall auslösen.

Behandlung

Manche Herzfehler haben erhebliche Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, andere sind so gering ausgeprägt, dass keine Eingriffe erforderlich sind. Bei einem operationsbedürftigen angeborenen Herzfehler übernimmt ein kinderkardiologisches Zentrum die notwendige Behandlung, manchmal sind mehrere Eingriffe erforderlich.

Der Ventrikelseptumdefekt gehört zu den häufigsten angeborenen Herzfehlern (25–30 % der angeborenen Herzfehler). Hier fließt das Blut durch eine undichte Kammerscheidewand von der linken in die rechte Herzkammer. Kleinere Defekte bedürfen keiner Behandlung, sie schließen sich häufig von selbst. Große Ventrikelseptumdefekte schädigen die Lungengefäße, weil große Blutmengen mit erhöhtem Druck in die Lungengefäße statt in die Aorta fließen. Die Behandlung besteht in dem operativen Verschluss, rechtzeitig vor dem Auftreten bleibender Schäden an den Lungengefäßen.

Beim Vorhofseptumdefekt ist die Scheidewand zwischen den beiden Vorhöfen löcherig. Die unterschiedlichen Druckverhältnisse führen zu einem "sinnlosen" Blutfluss (Kurzschlussverbindung, meist englisch Shunt genannt) vom linken in den rechten Vorhof. Wenn dieser Blutfluss (Shuntvolumen) Ausmaße annimmt, dass das rechte Herz erheblich mehrbelastet wird, muss die Durchtrittsstelle in der Scheidewand verschlossen werden. Dazu platziert der Kardiologe über einen speziellen Herzkatheter ein abdichtendes Schirmchen.

Offener Ductus Botalli. Weil der Fetus im Mutterleib nicht über die Lunge atmet, führt ein Verbindungsgang das Blut zwischen Lungenschlagader und Hauptschlagader (Aorta) an der Lunge vorbei. Dieser Gang wird Ductus Botalli genannt und verschließt sich durch das Einsetzen der Atmung des Kindes in den ersten Lebenstagen normalerweise von selbst. Bei manchen Kindern bleibt der Verbindungsgang offen, wodurch bei jedem Herzschlag Blut aus der Aorta statt in den großen Kreislauf wieder in den Lungenkreislauf gelangt. Dieser Shunt führt dazu, dass das Herz mehr pumpen muss, um den Körper mit genügend Sauerstoff zu versorgen, es droht eine Herzinsuffizienz. Große Shunts fallen schnell nach der Geburt auf, kleine bleiben manchmal Jahrzehnte unbemerkt. Einen offenen Ductus Botalli verschließen die Herzchirurgen im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung mit einer Metallspirale.

Bei der Aortenisthmusstenose (Koarktation der Aorta) ist die Hauptschlagader kurz nach dem Aortenbogen eingeengt, der Blutdruck fällt hinter der Engstelle ab. Da die Arterien der Arme in der Regel vor der Engstelle aus der Hauptschlagader abzweigen, ist an den Armen ein hoher Blutdruck zu messen, während er an den Beinen niedriger oder nicht messbar ist. Dieser Befund ist für die Diagnose wegweisend. Die Therapie besteht in einer Gefäßaufdehnung mit Einlage einer Gefäßstütze (Stent) oder in der operativen Beseitigung der Engstelle.

Die Pulmonalstenose behindert den venösen Blutfluss von der rechten Herzkammer in die Lunge. In der Folge steigt der Druck im rechten Herzen erheblich an. Normalerweise schließen sich Kurzschlussverbindungen zwischen rechtem und linkem Vorhof nach der Geburt. Die enorme Druckerhöhung im rechten Herzen verhindert dies und venöses und arterielles Blut vermischen sich. Damit nimmt der Sauerstoffgehalt des arteriellen Bluts ab, erkennbar an einer bläulichen Verfärbung der Haut und der Schleimhäute (z. B. im Gesicht). Eine behindernde Pulmonalstenose wird durch Entfalten eines Ballonkatheters in der Verengung aufgeweitet oder vom Herzchirurgen operativ beseitigt.

Die Fallotsche Tetralogie ist eine Kombination aus mehreren Herzfehlern (u. a. großer Ventrikelseptumdefekt und Pulmonalstenose), die von den Herzchirurgen möglichst frühzeitig korrigiert wird. Ohne Operation beträgt die mittlere Lebenserwartung der Kinder etwa 12 Jahre.

Prognose

Ohne Therapie versterben etwa 50 % der Kinder mit angeborenem Herzfehler bereits im Säuglingsalter. Durch die heute möglichen herzchirurgischen Maßnahmen ist die Prognose in den Industriestaaten deutlich besser: Etwa 90 % der betroffenen Kinder überleben und erreichen das Erwachsenenalter, und auch danach ist in vielen Fällen die Lebenserwartung annähernd normal.

Weiterführende Informationen

  • www.herzstiftung.de – Internetseite der Deutschen Herzstiftung e. V., Frankfurt a. M.: Von Ärzten gegründeter gemeinnütziger und unabhängiger Verein. Bietet Broschüren und Informationsmaterial zu Selbsthilfegruppen, Kinderkliniken und Veranstaltungen rund ums herzkranke Kind.
  • www.bvhk.de – Internetseite des Bundesverbands Herzkranker Kinder e. V., Aachen: Zusammenschluss regionaler Elternverbände. Informationen zum Umgang mit angeborenen Herzkrankheiten und zu vorhandenen Hilfsangeboten.
  • www.herzkind.de - Internetseite für betroffene Eltern mit vielen nützlichen Informationen und Kontakten zu Ansprechpartnern und Selbsthilfegruppen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzinfarkt, akutes Koronarsyndrom und instabile Angina pectoris

Herzinfarkt (Myokardinfarkt): Absterben von Herzmuskelanteilen aufgrund plötzlicher Minderdurchblutung. Ursache der Minderdurchblutung ist eine Verengung der Herzkranzgefäße, meistens treten in den Wochen und Monaten vor dem Infarkt Angina-pectoris-Anfälle auf. Pro Jahr erleiden in Deutschland 300.000 Menschen einen Herzinfarkt, von denen 50.000 tödlich verlaufen. Rechtzeitig behandelt hat der (erste) Herzinfarkt eine gute Prognose. Auch eine annähernd normale Lebensqualität kann oft wieder erreicht werden, wenn der Lebensstil umgestellt wird. Es gilt, körperliche Belastungen und Stress zu vermeiden, den Kaffeekonsum einzuschränken und auf Alkohol, Nikotin und fettes Essen zu verzichten. Daneben behandeln die Ärzte die verengten Gefäße mit Medikamenten, erweitern sie mit einem Katheter oder pflanzen dem Patienten einen Bypass ein (Bypass-Operation), um die Minderdurchblutung zu verbessern.

Akutes Koronarsyndrom (ACS, akuter Thoraxschmerz): Oberbegriff für anhaltende lebensbedrohliche Durchblutungsstörungen des Herzens, erkennbar an instabiler Angina pectoris und akutem Herzinfarkt. Das ACS führt unbehandelt zum plötzlichen Herztod.

Instabile Angina pectoris (Ruheangina): Angina pectoris bereits bei geringer Belastung oder in Ruhe. Die instabile Angina pectoris gehört in Deutschland zu den häufigsten Gründen für eine stationäre Aufnahme ins Krankenhaus. Und das zu Recht, denn sie ist der letzte "Warnschuss" vor einem Herzinfarkt und kann bei fehlender Behandlung in diesen übergehen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Länger als 5 Minuten anhaltende dumpfe, brennende oder stechende Schmerzen im Brustkorb, die in Schulterblätter, Arme, Rücken, Hals, Kiefer oder Oberbauch ausstrahlen können
  • Zusammenpressendes Druckgefühl im Brustkorb, verbunden mit Atemnot ("als wenn der Brustkorb eingeschnürt würde")
  • Schwächegefühl, Übelkeit, Erbrechen, fahle Hautfarbe, Ausbruch von kaltem Schweiß
  • Todesangst, Vernichtungsgefühl, bei älteren Menschen oft akute Verwirrtheit
  • Keine anhaltende Besserung der Beschwerden durch Ruhe oder Nitrate
  • Bei Frauen sind Luftnot, Übelkeit, Erbrechen und Oberbauchbeschwerden nicht selten die einzigen Alarmzeichen
  • Herzrhythmusstörungen.

Bei immerhin 15–20 % der Herzinfarkte spürt der Betroffene keine Schmerzen. Vor allem langjährige Diabetiker erleiden so genannte stumme Herzinfarkte.

Wann zum Arzt

Sofort den Notarzt (112) rufen, wenn

  • die genannten Leitbeschwerden auftreten. Keine Scheu vor Fehlalarm, eine Viertelstunde kann über Leben oder Tod entscheiden!

Erste Hilfe

  • Lassen Sie sich von eng sitzenden Kleidungsstücken (z. B. Hemdkragen) befreien und warten Sie mit hoch gelagertem Oberkörper und Zufuhr von frischer Luft auf die Ankunft des Notarztes.
  • Wenn es im Haushalt Acetylsalicylsäure gibt (z. B. Aspirin® oder ASS®, häufig Inhaltsstoff von Kopfschmerz- oder Grippetabletten), nehmen Sie zwei Tabletten ein (ca. 1000 mg), außer Sie leiden unter Magenproblemen oder Magengeschwüren oder nehmen bereits aus anderen Gründen Acetylsalicylsäure ein. Die Einnahme von Acetylsalicylsäure kann entscheidend dazu beitragen, dass nur wenig Herzmuskelgewebe abstirbt.
  • Hat Ihnen der Hausarzt Nitrospray (z. B. Nitrolingual®) verschrieben, sprühen Sie 2 Hübe unter die Zunge – Nitrate senken nebenbei auch den Blutdruck. Ist Ihr Blutdruck niedrig, müssen Sie daher mit Schwindel oder Kreislaufschwäche rechnen.
  • Ihre Angehörigen sollten Ihre derzeitige Medikamentenverordnung sowie aktuelle Arztbriefe bereithalten. Dies kann für schnelle Therapieentscheidungen wichtig sein.

Die Erkrankung

Häufigkeit und Risikofaktoren

Wie erwähnt, erleiden etwa 300.000 Menschen in Deutschland pro Jahr einen Herzinfarkt. Diese Anzahl ist seit geraumer Zeit konstant. Zurückgegangen sind dagegen die Todesfälle durch Herzinfarkte: Während 1990 noch über 80.000 Herzinfarktpatienten verstarben, waren dies 2015 nur noch knapp 50.000. Hintergrund sind unter anderem die besseren Möglichkeiten der sofortigen Diagnose und Therapie mit dem Herzkatheter (Herzkatheteruntersuchung). Von diesem technischen Fortschritt profitieren leider nicht alle Herzinfarktpatienten. Viele von ihnen versterben schon bevor sie das Krankenhaus erreichen.

Bis zum 75. Lebensjahr erleiden Männer einen Herzinfarkt dreimal häufiger als Frauen. Zigarettenraucher haben das höchste Herzinfarktrisiko. Neuesten Erkenntnissen zufolge sind jedoch auch die Luftverschmutzung durch Autoabgase und Industrieemissionen ein entscheidender Risikofaktor. Weitere bekannte Risikofaktoren sind

  • Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen
  • Genetische Faktoren, Lebensalter
  • Übergewicht.

Krankheitsentstehung

Bei der koronaren Herzkrankheit lagert sich durch die arteriosklerotischen Prozesse Fett in den Herzkranzgefäßen ab. An diesen Stellen reißt die Gefäßinnenhaut leicht ein und es bildet sich sofort ein Blutgerinnsel, das diesen kleinen Riss abdichtet (Plaque-Ruptur). Dieser "Reparaturmechanismus" führt zur Verstopfung und Minderdurchblutung im dahinter liegenden Versorgungsgebiet der betroffenen Herzkranzarterie. Die im Blut befindlichen gerinnungshemmenden Faktoren sind manchmal in der Lage, das störende Blutgerinnsel wieder aufzulösen. Hält die Durchblutungsstörung und damit der Sauerstoffmangel aber an, wird der betroffene Herzmuskelabschnitt zunächst funktionsunfähig und stirbt dann langsam ab. Es kommt zum Herzinfarkt. Je länger der Sauerstoffmangel anhält, umso mehr Herzmuskelgewebe geht unwiederbringlich zugrunde. Deshalb kommt es bei rettenden Behandlungsmaßnahmen auf jede Minute an.

Der Betroffene verspürt durch den Sauerstoffmangel plötzliche, in dieser Form bisher nicht gekannte, anhaltende Angina-pectoris-Beschwerden. Bei etwa einem Drittel aller Betroffenen ist der Herzinfarkt sogar der erste Angina-pectoris-Anfall überhaupt – diese Patienten haben nichts von ihrer KHK gewusst und vorher noch nie einen Angina-pectoris-Anfall erlebt. Der Übergang zwischen instabiler Angina pectoris und Herzinfarkt ist fließend. Daher spricht man zunächst vom akuten Koronarsyndrom. Die instabile Angina pectoris kann sich zur stabilen KHK zurückbilden oder in einen akuten Herzinfarkt mit allen Komplikationen übergehen. Der Begriff "akutes Koronarsyndrom" macht deutlich, dass während der nächsten Stunden zunächst immer mit dem Schlimmsten gerechnet werden muss.

Der Arzt erkennt den Übergang von der instabilen Angina pectoris zum Herzinfarkt an charakteristischen Laborwerten und damit meist verbundenen typischen EKG-Veränderungen. Sind im Blut Substanzen aus dem Inneren von Herzmuskelzellen nachweisbar (Troponin, CK-MB), so muss Herzmuskelgewebe zugrunde gegangen sein.

Verlauf

Das beim Herzinfarkt abgestorbene Gewebe vernarbt und wird funktionslos. Dadurch wird die Pumpfunktion des Herzens eingeschränkt, wodurch manchmal eine Herzinsuffizienz entsteht.

Einteilung

Der Infarkt kann alle Herzmuskelschichten (transmuraler Herzinfarkt) oder nur Teile davon (Innenschichtinfarkt) betreffen. Im Nachhinein lässt das EKG eine Unterscheidung zu. Wenn größere Herzmuskelanteile zerstört sind, verläuft die ST-Strecke im EKG mit einer Hebung. Ein Herzinfarkt ohne Hebung der ST-Strecke ist meist Ausdruck eines geringen Herzmuskelschadens durch einen Innenschichtinfarkt.

Daher wird der Herzinfarkt in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Nicht-ST-Hebungsinfarkte (Non-STEMI): Meist Ausdruck eines kleineren Herzinfarkts, bei dem nur die inneren Schichten der Herzmuskulatur geschädigt sind. In der Klinik werden auch hier im weiteren Verlauf noch 2–9 % tödliche Komplikationen beobachtet.
  • ST-Hebungsinfarkte (STEMI): Der Herzinfarkt umfasst alle Herzmuskelschichten. Hier muss selbst nach Aufnahme in die Klinik noch mit einer Sterblichkeit von 10–20 % gerechnet werden.

Auslöser

Ein Herzinfarkt kann zu jeder Tages- und Nachtzeit und in jeder Situation auftreten. Besonders häufig ereignet er sich jedoch in den frühen Morgen- und Nachmittagsstunden, in Zusammenhang mit erhöhter Kreislaufaktivität, ungewohnten körperlichen oder psychischen Belastungen sowie fieberhaften Infekten. Auch Kälte kann einen Herzinfarkt auslösen: Alle Jahre wieder warnt die Deutsche Herzstiftung Menschen mit koronarer Herzkrankheit vor Anstrengungen bei Minustemperaturen, wie z. B. dem frühmorgendlichen Schneeschippen.

Hinweis: Die Einnahme von Kokain steigert das Risiko für ein Akutes Koronarsyndrom und verschlimmert auch den Verlauf der Erkrankung. Bei Patienten, die Kokain konsumieren, verlaufen Herzinfarkte deutlich schwerer als bei kokainabstinenten Patienten. Ihr Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, ist um das Zehnfache erhöht.

Komplikationen

Besonders gefährlich sind die ersten Stunden nach Schmerzbeginn, weil lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen wie das Kammerflimmern bevorzugt in gerade untergehendem Herzmuskelgewebe entstehen.

Bei ausgedehnten Herzinfarkten wird das Pumpvermögen des Herzens herabgesetzt, es kommt zu Lungenödem und Blutdruckabfall bis hin zum Bewusstseinsverlust. Ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut zu versorgen, liegt ein kardiogener Schock (Herzschock) vor. Als dessen Folge droht das lebensgefährliche Multiorganversagen.

Manchmal werden Herzklappen undicht oder es zerreißen abgestorbene Muskelanteile, sodass Blut in den Herzbeutel fließt und die Herzfunktion behindert. In selteneren Fällen entstehen auch Kurzschlussverbindungen zwischen rechtem und linkem Herzen, die das Herz zusätzlich belasten.

Diagnosesicherung

Ein akutes Koronarsyndrom führt zur sofortigen Krankenhauseinweisung. Der Notarzt legt schon auf dem Weg dorthin einen venösen Zugang, überwacht den Herzrhythmus und verabreicht

  • Schmerz- und Beruhigungsmittel (z. B. Morphin intravenös oder subkutan, und ein Benzodiazepin wie Diazepam)
  • Nitrate (z. B. Nitroglycerin sublingual als Kapsel oder intravenös)
  • Thrombozytenaggregationshemmer (Acetylsalicylsäure plus Ticagrelor oder Prasugrel)
  • Gerinnungshemmende Medikamente (z. B. Enoxaparin oder Heparin)
  • Evtl Betablocker (nicht bei Schock oder einem systolischen Blutdruck < 90mmHg)
  • Ggf. Sauerstoff über eine Nasensonde.

Ein Ruhe-EKG und wiederholte Blutuntersuchungen innerhalb der nächsten Stunden verschaffen Klarheit darüber, ob ein Herzinfarkt oder eine instabile Angina pectoris vorliegt.

  • Das EKG weist bei gravierendem Sauerstoffmangel des Herzmuskels oft sofort typische Veränderungen auf.
  • Erste herzinfarktspezifische Blutwerte sind hingegen frühestens 3 Stunden nach Schmerzbeginn zu erwarten. Zu diesen Herzenzymen gehören vor allem das Troponin, Myoglobin und die herzmuskelspezifische Kreatinkinase CK-MB. In der Praxis ist das Troponin der wichtigste und am schnellsten reagierende Marker für den Herzinfarkt und das akute Koronarsyndrom.

Komplikationen wie einen Herzbeutelerguss oder den Abriss einer Herzklappe erkennt der Arzt mithilfe der Echokardiografie oder der Farbduplexsonografie.

Klingt die Angina pectoris unter der medikamentösen Therapie ab, bleiben EKG und Blutwerte auch bei wiederholten Kontrollen unauffällig und liegen keine der genannten Risikofaktoren vor, so ist die akute Gefahr zunächst gebannt und die weitere Diagnostik erfolgt wie bei der koronaren Herzkrankheit.

Differenzialdiagnosen. Ebenfalls lebensbedrohliche Erkrankungen mit starken Brustschmerzen sind z. B. die Lungenembolie, der Spannungspneumothorax, die Aortendissektion und das Mallory-Weiss-Syndrom.

Behandlung

ST-Hebungsinfarkte (STEMI). Ist ein akuter Herzinfarkt durch das EKG und die typischen Beschwerden nachgewiesen, müssen die Ärzte das verschlossene Gefäß so schnell wie möglich wiedereröffnen. Prinzipiell stehen dafür 2 Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Primäre perkutane Koronarintervention (PCI), die mechanische Wiedereröffnung des Gefäßes über eine Herzkatheteruntersuchung
  • Medikamentöse Thrombolyse (Lysetherapie), die Auflösung des Thrombus durch intravenös verabreichte Fibrinolytika (z. B. Alteplase oder Reteplase).

Maßnahme erster Wahl ist die sofortige Herzkatheteruntersuchung mit interventioneller Therapie (PCI) oder baldiger notfallmäßiger Bypass-Operation. Bei anhaltenden Angina-pectoris-Beschwerden, bei zunehmender Beeinträchtigung der Pumpfunktion des Herzens und bei erhöhten Risikofaktoren wie höherem Lebensalter, Diabetes, bereits überstandenem Herzinfarkt oder nach einer Bypass-Operation streben die Ärzte auch ohne akuten Infarkthinweis frühzeitig eine Koronarangiografie über den Herzkatheter an.

Primäre perkutane Koronarintervention (PCI)

Bei der PCI führt der Arzt einen speziellen Herzkatheter, an dessen Spitze sich ein zusammengefalteter Ballon (Ballonkatheter) befindet, in die verengte Arterie ein. Wenn er Flüssigkeit in den Ballon spritzt, entfaltet sich dieser und nimmt die Größe des ursprünglichen Gefäßdurchmessers an. Eine Aufweitung des Infarktgefäßes gelingt in etwa 90 % der Fälle. Die Ballonaufdehnung kann auch noch Tage nach einem Herzinfarkt verbliebene Engstellen beseitigen und damit die Infarktgröße und die Sterblichkeitsrate reduzieren. Damit die aufgedehnte Engstelle länger offenbleibt legen die Ärzte häufig eine Gefäßstütze (Stent) ein (siehe auch Interventionelle Verfahren über den Katheter unter Koronare Herzkrankheit).

Bypass-Operation

Die Bypass-Operation kommt beim akuten Herzinfarkt nur zum Einsatz, wenn die Gefäßverengung nicht mit der PCI behandelbar ist. Die Komplikationsrate bei einer notfallmäßigen Bypass-OP ist hoch.

Lysetherapie

Wenn absehbar ist, dass sich innerhalb von 90–120 Minuten kein Herzkatheterlabor erreichen lässt, entscheiden sich die Ärzte für eine Lysetherapie (Fibrinolyse). Dabei verändern sie die Gerinnungseigenschaft des Bluts durch die Infusion von Thrombolytika wie Alteplase oder Reteplase so, dass sich thrombotisch verschlossene oder verengte Herzkranzgefäße in etwa 60 % der Fälle wieder öffnen. Die Erfolgsrate ist sehr zeitabhängig und beträgt 60–70 %. Je eher die Lysetherapie beginnt (möglichst innerhalb der ersten 6 Stunden), umso erfolgreicher ist sie.

Doch nicht jeder Herzinfarktpatient kann damit behandelt werden. Die Lysetherapie führt manchmal durch ihre massive Beeinflussung des Gerinnungssystems unbeabsichtigt zu gefährlichen Blutungen (Magenblutung, Hirnblutung, Einblutungen in verletzte, geprellte Körperteile oder in Einstichstellen von Spritzen). Daher müssen die Ärzte vor einer Lysetherapie immer prüfen, ob Risiken für gefährliche Blutungen vorliegen.

Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Hebung, NSTEMI. Hier unterscheiden die Ärzte zwischen Patienten mit hohem und niedrigem Risiko für die Entwicklung eines STEMI oder Tod. Ein hohes Risiko besteht bei

  • erhöhten Troponinwerten
  • Herzrhythmusstörungen
  • Angina pectoris in Ruhe.

Diese Patienten mit hohem Risiko müssen innerhalb von 24 Stunden eine Herzkatheteruntersuchung erhalten. Je nach Befund führen die Ärzte gleich eine perkutane Koronarintervention durch, d. h. sie erweitern das verengte Gefäß mit einem Ballon und pflanzen häufig einen Stent ein.

Patienten mit unauffälligem EKG, unauffälligem Troponin und normalen Kreislaufwerten haben ein niedriges Risiko für die Entwicklung eines STEMI oder Tod. Sie werden einer ausführlichen KHK-Diagnostik zugeführt (siehe KHK).

Nachsorge

Nach einem überstandenen Herzinfarkt ohne größere Komplikationen beginnen meist schon am nächsten Tag unter krankengymnastischer Anleitung die ersten Bewegungsübungen. Diese werden dann innerhalb der nächsten Tage von Übungen an der Bettkante über Gehen im Zimmer und auf dem Flur bis hin zum Treppensteigen ausgedehnt. Die Behandlung im Krankenhaus endet je nach Größe des Infarkts nach etwa 4–14 Tagen, häufig schließt sich dann eine Rehabilitation an.

Rehabilitation

In der Rehabilitation (Reha-Behandlung) werden die Herzfunktion unter zunehmender Belastung sowie die Medikamenteneinstellung geprüft. Zum Fitnessprogramm gehören Krankengymnastik, Training auf dem Ergometer, Schwimmen und zunehmend längere Spaziergänge. Ist der Patient nach überstandenem Infarkt anhaltend beschwerdefrei, wird die Höhe der Belastung von der Herzfrequenz abhängig gemacht. Anfänglich soll die Herzfrequenz bei Dauerbelastung 100 Schläge pro Minute nicht überschreiten. Später legen die behandelnden Ärzte höhere Herzfrequenzen individuell fest (60–75 % der persönlichen Ausbelastungsfrequenz). Während einer Reha-Behandlung wird auch eine eventuell notwendige berufliche Veränderung besprochen und auf die Minimierung von Risikofaktoren hingewirkt.

Nachkontrollen

Nach einem Herzinfarkt prüft ein Internist oder Kardiologe in etwa halbjährlichen bis jährlichen Abständen, ob sich Hinweise für erneute Durchblutungsstörungen des Herzens ergeben, ob sich die Pumpfunktion oder die Größe des Herzens verändert, ob eine Ausbeulung der Herzmuskulatur (Herzwandaneurysma) entsteht oder ob bedeutsame Herzrhythmusstörungen auftreten. Ein besonderes Augenmerk richtet sich auf die Kontrolle der Risikofaktoren für eine KHK.

Wenn es Wochen nach einem gut überstandenen Herzinfarkt plötzlich zu Herzschmerzen in Verbindung mit Fieber und Entzündungszeichen im Blut kommt, besteht der Verdacht auf eine Herzbeutelentzündung. Die Ursache dieser als Dressler-Syndrom (Postmyokardsyndrom) bezeichneten Entwicklung ist nicht bekannt. Die Erkrankung klingt unter der Gabe entzündungshemmender Medikamente ab.

Pharmakotherapie nach überstandenem Infarkt

Ziel der medikamentösen Behandlung ist, das Fortschreiten der Herzgefäßverengungen und damit einen neuen Infarkt zu verhindern sowie die Leistung des Herzmuskels wieder zu verbessern oder zumindest zu erhalten. Folgende Medikamente stehen zur Verfügung:

  • Die regelmäßige Einnahme von Plättchenhemmern (Thrombozytenaggregationshemmer) wie Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel verhindern das schnelle Verklumpen des Bluts in den Blutgefäßen und beugen damit neuen Blutgerinnseln in geschädigten Herzkranzgefäßen vor. Zwischenzeitlich wurde die Einnahme beider Wirkstoffe empfohlen. Diese Kombination ist zwar besonders effektiv, aber wegen möglicher Blutungskomplikationen nicht unumstritten. Weil die Blutungsgefahr etwas höher ist, wird die kombinierte Einnahme auf 12 Monate begrenzt, danach wird oft mit Acetylsalicylsäure ohne Clopidogrel weiterbehandelt. Als Alternative zu Clopidogrel gibt es seit Kurzem den Wirkstoff Ticagrelor. Er erwies sich als wirkungsvoll bei leichterem Herzinfarkt ohne typische EKG-Veränderungen oder bei einer instabilen Angina pectoris. Inzwischen darf Ticagrelor auch gemeinsam mit niedrig dosierter ASS nach Herzinfarkt zur Prävention von arteriellen Thromben eingesetzt werden. Bewertungen durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen legen einen leichten Zusatznutzen der Ticagrelor-ASS-Kombination gegenüber einer ASS-Monotherapie nahe.
  • Die gleichen Ziele können auch mit der Einnahme von Marcumar® erreicht werden. Dies ist allerdings aufgrund der notwendigen Gerinnungskontrollen viel aufwendiger und auch risikoreicher.
  • Betablocker (z. B. Metoprolol, Atenolol, Bisoprolol oder Carvedilol) schützen das Herz vor zu schnellem Herzschlag und verhindern so gefährliche Herzrhythmusstörungen.
  • Statine (CSE-Hemmer) senken den Cholesterinspiegel im Blut und hemmen das Fortschreiten der Arteriosklerose (z. B. Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin). Nach einem Herzinfarkt wird ein LDL-Cholesterin von unter 100 mg/dl angestrebt, was durch eine Ernährungsumstellung allein kaum je erreicht wird. Zusätzlich hemmen die Statine offenbar auch neue Fettansammlungen in den Gefäßwänden, Plaques. Führen Statine nicht zu einer ausreichenden Senkung der Blutfette, verordnen die Ärzte zusätzlich Colestyramin oder Ezetimib. Fibrate (z. B. Bezafibrat) sind eine Option, wenn der Patient Statine nicht verträgt.
  • ACE-Hemmer verhindern ungünstige Umbauvorgänge in der infarktgeschädigten Herzmuskulatur und erhalten oder verbessern damit die Pumpfunktion des Herzens. Zudem wirken sie blutdrucksenkend.

Prognose

Die langfristige körperliche Belastbarkeit und Prognose nach einem überstandenen Herzinfarkt hängt im Wesentlichen vom Umfang der Schädigung des Herzmuskels und der zukünftigen Entwicklung der koronaren Herzkrankheit ab.

Betroffene messen der Akuttherapie oft einen zu großen Wert bei und belächeln das strenge Einhalten von vorbeugenden Maßnahmen. Aber beides gehört zusammen. Die Reduzierung der Risikofaktoren, die gesunde Lebensführung bzw. eine Änderung des Lebensstils und die medikamentöse Langzeittherapie sind für den weiteren Verlauf einer KHK ebenso bedeutsam wie die erfolgreiche Akuttherapie. Nur so kann es in vielen Fällen gelingen, eine normale Lebenserwartung und gute altersentsprechende Leistungsfähigkeit zu erreichen.

Da die Langzeitprognose nach einem Herzinfarkt besser ist, wenn möglichst viele Herzkranzgefäße durchgängig sind, ist zu empfehlen, an eine Lysetherapie eine Herzkatheteruntersuchung anzuschließen. Wird das Risiko einer Herzkatheteruntersuchung vom Patienten gescheut, so ist dies nur vertretbar, wenn Belastungsuntersuchungen wie das Belastungs-EKG völlig unauffällig verlaufen.

Trotz aller Verbesserungen der Notfallmedizin stirbt immer noch die Hälfte der Herzinfarktpatienten innerhalb des ersten Jahres nach dem Infarkt – der größte Anteil davon, nämlich 30 %, bereits vor Eintreffen des Arztes.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Damit Sie wirklich etwas in Ihrem Leben ändern können, sollten Sie sich eine mehrmonatige Auszeit vom Beruf oder anderen Belastungen (z. B. in der Familie oder im Verein) verordnen, bevor Sie sich wieder voll in den Alltag stürzen. Lehnen Sie deshalb niemals Angebote für Rehabilitationsmaßnahmen ab.

Alle Selbsthilfeempfehlungen bei einer koronaren Herzerkrankung gelten auch nach überstandenem Herzinfarkt, sie sind nur noch dringender geworden.

Was Sie dort, aber auch durch Lesen von Ratgebern und in Gesprächen mit Therapeuten und Mitbetroffenen lernen: Es lohnt sich, bewusster zu leben. Viele profitieren zum Beispiel davon, sich täglich einen Zeitplan zu erstellen, der neben den beruflichen Aufgaben auch ausreichende Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten, soziale Kontakte, Ruhe, Entspannung und Schlaf berücksichtigt.

Nehmen Sie Ihre Medikamente regelmäßig ein, Sie schützen damit Ihr Herz vor ungünstigen Einflüssen. Schließen Sie sich einer koronaren Herzsportgruppe an: Möglichkeiten in Ihrer Umgebung kennt Ihr behandelnder Arzt.

Komplementärmedizin

In der Akutphase des Herzinfarkts haben komplementärmedizinische Maßnahmen keinen Platz. Der damit verbundene Zeitverlust verschlechtert nur die Aussichten des Patienten.

Im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung kommen begleitend die bei der KHK beschriebenen Verfahren in Betracht.

Weiterführende Informationen

  • www.herzstiftung.de – Internetseite der Deutschen Herzstiftung, Frankfurt: Bietet Informationen rund um den Herzinfarkt.
  • www.chd-taskforce.de – Internetseite einer international arbeitenden, gemeinnützigen Stiftung zur besseren Vorbeugung gegen KHK, Münster: Verständliche umfassende Informationen zu KHK, Herzinfarkt, Risikofaktoren, gesunder Ernährung (Tipps zum Einkaufen und Kochen) sowie Hinweise auf Broschüren und Ratgeber.
  • www.dge.de – Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Bonn: Mit Tipps zur Ernährung und Bewertung von Nahrungsmitteln.
  • P. Mathes: Ratgeber Herzinfarkt. Springer, 2017. Informationen zu Vorbeugung, Früherkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation bei Herzinfarkt. Für Patienten und Angehörige.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzinsuffizienz, chronische

Herzinsuffizienz (Herzschwäche): Herabgesetzte Herzleistung mit der Folge verminderter Blutversorgung von Lunge, Muskulatur und allen anderen Organen sowie mehr oder weniger eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit.

Einer Herzinsuffizienz liegen Erkrankungen des Herzens oder anderer Organe wie z. B. den Gefäßen oder der Schilddrüse zugrunde. Im Gegensatz zur rasch entstehenden akuten Herzinsuffizienz, z. B. in den ersten Stunden und Tagen nach einem Herzinfarkt, entwickelt sich die viel häufigere chronische Herzinsuffizienz langsam, über Monate bis Jahre hinweg.

Die chronische Herzinsuffizienz ist überwiegend eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Mit 65 Jahren leiden etwa 2 % der Bevölkerung daran, bei über 80-Jährigen sind es bereits 10 %. Durch die steigende Lebenserwartung und die besseren Behandlungsmöglichkeiten von früher tödlich verlaufenden Herzerkrankungen nimmt die Häufigkeit der chronischen Herzinsuffizienz stetig zu. Von schweren Formen abgesehen sind die Behandlungsmöglichkeiten gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Müdigkeit, Erschöpfung, Leistungsschwäche
  • Verwirrtheit, Aufmerksamkeitsstörungen
  • Zunehmende Atemnot oder Herzstolpern bei körperlicher Belastung wie langen Spaziergängen oder Treppensteigen
  • Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen) vor allem sichtbar an den Unterschenkeln
  • Häufiges nächtliches Wasserlassen (Nykturie: eingelagerte Flüssigkeit kann nachts besser ausgeschieden werden)
  • Auffällig hervortretende Halsvenen.

Im fortgeschrittenen Stadium auch:

  • Atemnot oder Husten im Liegen mit Besserung nach dem Aufstehen
  • Nächtliches Erwachen wegen Atemnot, asthma-ähnliche Atemgeräusche ("Pfeifen" bei der Ausatmung), blaue Lippen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • die körperliche Leistungsfähigkeit beunruhigend abnimmt.
  • bei alltagsüblicher Belastung (wie Treppensteigen über zwei Etagen) eine bisher nicht gekannte Atemnot auftritt.
  • sich Ödeme an den Unterschenkeln mit länger anhaltenden Druckdellen im Gewebe zeigen.

Heute noch, wenn

  • es zu anhaltendem Herzstolpern kommt.
  • das Atmen im Liegen schwerer fällt als im Sitzen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Lässt die Herzkraft nach, so wird nicht mehr genug Blut in die Schlagadern von Lungen- oder Körperkreislauf gepumpt. Zugleich staut sich das nicht weiter transportierte Blut vor dem Herzen zurück – je nach Herzkammer (Rechtsherz- oder Linksherzbelastung) mit unterschiedlichen Auswirkungen.

Linksherzinsuffizienz (Linksherzschwäche): Wenn die Pumpleistung der linken Herzkammer nachlässt, staut sich das Blut in die Lungengefäße zurück. Durch den Blutstau tritt Flüssigkeit aus den Lungengefäßen ins Lungengewebe über und es kommt zum Lungenödem ("Wasser in der Lunge"). Erkennbar wird dies an Husten und Atembeschwerden, vor allem im Liegen, mit asthma-ähnlichen Atemgeräuschen (Asthma cardiale). Die Minderdurchblutung des Körpers beeinträchtigt die Muskulatur mit der Folge von Kurzatmigkeit und Leistungsschwäche bei körperlichen Anstrengungen, in ausgeprägten Fällen färbt der Mangel an Sauerstoff die Lippen blau-violett (Zyanose).

Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche): Die rechte Herzkammer befördert das venöse Blut des Körpers in den Lungenkreislauf. Wenn ihre Pumpkraft nachlässt, staut sich das Blut in den venösen Blutgefäßen des Körperkreislaufs. Bei der Rechtsherzinsuffizienz entwickeln sich in erster Linie gestaute Halsvenen, Flüssigkeitseinlagerungen in den Beinen, vor allem den Unterschenkeln (Beinödeme), eine geschwollene Leber, Bauchwassersucht (Aszites) oder auch eine Entzündung der Magenschleimhaut.

Ursachen und Risikofaktoren:

Als Ursache für eine chronische Herzinsuffizienz kommt eine Vielzahl an Erkrankungen in Frage. Die Ärzt*in unterscheidet zum einen Grunderkrankungen des Herzens, allen voran

  • Koronare Herzkrankheit
  • Kardiomyopathien
  • Herzmuskelentzündungen
  • Herzklappenerkrankungen
  • Herzrhythmusstörungen

sowie Grunderkrankungen außerhalb des Herzens, die die Herzleistung stark beeinträchtigen, darunter am häufigsten

  • Langjährig schlecht eingestellter Bluthochdruck
  • Blutarmut
  • Hormonstörungen der Schilddrüse, Nebenniere oder auf Ebene der Steuerhormone
  • Medikamentennebenwirkungen (z. B. Antidepressiva, Zytostatika)
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Lungenerkrankungen.

Diagnosesicherung

Der Arzt muss vor allem die auslösende Ursache für die Herzinsuffizienz finden, da hiervon die Art der Therapie abhängt. Entscheidend ist neben der Krankengeschichte der Patient*in eine sorgfältige körperliche Untersuchung. Die weitere Diagnostik umfasst:

  • Laborwerte zum Nachweis und zur Verlaufskontrolle einer Herzinsuffizienz. Die wichtigsten sind die natriuretischen Peptide. Das Brain natriuretic Peptide (BNP) und sein N-terminales Ende NTproBNP haben die Diagnostik der Herzinsuffizienz beschleunigt und sicher gemacht.
  • Die Echokardiografie zeigt Auffälligkeiten am Herzen und den angrenzenden großen Gefäßen. Die Pumpfunktion, die Blutströme im Herzen und die Herzklappen sind einfach und schnell zu beurteilen. Die Echokardiografie eignet sich auch für Verlaufskontrollen.
  • Der Röntgenthorax offenbart die Herzgröße und ermöglicht die Suche nach Lungenstauung, Pleuraergüssen, Verkalkungen an Herzklappen, Gefäßen oder am Herzbeutel.
  • Das EKG nützt bei einer chronischen Herzinsuffizienz oft wenig, weil das Ruhe-EKG nur diskrete Veränderungen zeigt und ein Belastungs-EKG unter ausreichender Belastung nicht durchführbar ist; am ehesten zeigt das Langzeit-EKG Herzrhythmusstörungen.
  • Eine Herzkatheteruntersuchung ist oft unvermeidbar, wenn eine KHK oder eine Erkrankung der Lungengefäße als Ursache vermutet wird. Bei Verdacht auf eine KHK hilft dem Arzt als Alternative zum Herzkatheter auch eine Stress-Echokardiografie weiter.
  • Bei schwerer Herzinsuffizienz ist die Ergospirometrie besonders zur Beurteilung des Leistungsvermögens im Verlauf geeignet. Bei dieser Untersuchung werden Belastungs-EKG und Messung der Atemarbeit kombiniert.
  • Mit dem Bauchultraschall untersucht der Arzt, ob eine Stauungsleber vorliegt.

Stadieneinteilung

In Abhängigkeit vom Ausmaß der Beschwerden wird nach Vorschlägen der New York Heart Association die Herzinsuffizienz in vier NYHA-Stadien eingeteilt (NYHA-Klassifikation):

  • Stadium I: Trotz nachweisbarer Herzerkrankung keine Beschwerden; im Alltag uneingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
  • Stadium II: Leistungseinschränkung und Beschwerden bei starker körperlicher Belastung (Treppensteigen über zwei Etagen, Wandern in unebenem Gelände); in Ruhe oder bei leichter Tätigkeit fühlen sich die Kranken aber wohl
  • Stadium III: Beschwerden schon bei alltäglicher leichter körperlicher Belastung wie Gehen auf ebener Strecke; Beschwerdefreiheit in Ruhe
  • Stadium IV: Beschwerden bereits in Ruhe; körperliche Tätigkeiten sind nicht möglich, ohne dass Beschwerden auftreten

Behandlung

Weil die Herzinsuffizienz zwar gut behandelbar, aber nicht heilbar ist, muss die Ärzt*in die optimale Medikamentenkombination unter den vielfältigen Therapiemöglichkeiten finden. Hierfür sind wiederholte Kontrolluntersuchungen notwendig. Eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist deshalb unabdingbar.

Basismaßnahmen

Wichtigste Basismaßnahmen sind angepasstes körperliches Training, Kontrolle von Salz- und Flüssigkeitszufuhr, Gewichtsreduktion bei Übergewicht (BMI > 30) und der Verzicht auf das Rauchen. Hilfreiche Tipps zum Umsetzen dieser Maßnahmen siehe unten unter "Was Sie selbst tun können".

Pharmakotherapie

Für die meist lebenslänglich notwendige medikamentöse Therapie bei chronischer Herzinsuffizienz gibt es eine ganze Reihe unterschiedlich wirkender Arzneimittel. Sie werden abhängig von der Grunderkrankung und dem Schweregrad eingesetzt.

  • ACE-Hemmer oder alternativ AT1-Blocker (Sartane) erweitern das eng gestellte Gefäßsystem. ACE-Hemmer werden als Basistherapie ab NYHA-Stadium I eingesetzt, Sartane verordnet die Ärzt*in, wenn die Patient*in ACE-Hemmer nicht verträgt.
    • Die wichtigsten ACE-Hemmer sind Captopril, Enalapril, Fosinopril und Ramipril.
    • Zu den bekannten AT1-Blockern gehören Candesartan, Valsartan und Losartan.
    • Entresto® ist eine Fixkombination aus dem AT1-Blocker Valsartan und dem Neprilysin-Hemmer Sacubitril. Dadurch soll besonders das Enzyms Neprilysin gehemmt werden. Entresto® fördert die Ausscheidung von Natrium über die Nieren und verbessert die Gefäßweitung. Es wird ab dem NYHA-Stadium II als Ersatz für ACE-Hemmer empfohlen, wenn diese nicht wie gewünscht wirken.
  • Nitrate wie Glyceroltrinitrat und Isosorbiddinitrat werden vor allem zur Behandlung von Akutsituationen eingesetzt, zum Beispiel bei einem Angina-pectoris-Anfall. In Form rasch wirksamer Sprays oder Zerbeißkapseln weiten sie innerhalb weniger Minuten die Herzkranzgefäße, sodass sich die Durchblutung des Herzens verbessert und die Druckbelastung des Herzens abnimmt. In der Langzeittherapie kommen Nitrate nur bei Unverträglichkeit der Standardmedikation zum Einsatz.
  • Betablocker wie z. B. Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol beeinflussen das vegetative Nervensystem und schützen das Herz vor zu schnellem Herzschlag. Sie werden je nach Bedarf ab NYHA-Stadium II eingesetzt. Betablocker verbessern nachgewiesenermaßen die Prognose bei Herzinsuffizienz.
  • Ivabradin senkt die Herzfrequenz. Es kommt zum Einsatz, wenn Beta-Blocker nicht vertragen werden oder trotz Betablockergabe die Herzfrequenz über 75/min bleibt.
  • Digitalis ist ein pflanzlicher Wirkstoff, der aus dem Roten Fingerhut bzw. anderen Fingerhüten gewonnen wird, z. B. Digoxin, Digitoxin. Die richtige Dosis ist schwierig zu finden – Unterdosierungen sind wirkungslos, und Überdosierungen führen schnell zu Herzrhythmusstörungen und Vergiftungserscheinungen. Digitalis wird daher nicht mehr so häufig verordnet. Am ehesten kommt Digitalis in den NYHA-Stadien III und IV zum Einsatz, wenn der Patient einen zu schnellen Herzschlag hat, der sich mit anderen Mitteln nicht reduzieren lässt.
  • Diuretika entwässern den Körper und führen zu einer erhöhten Urinausscheidung. Einfache Diuretika werden ab NYHA-Stadium I eingesetzt, ab NYHA-Stadium II greift der Arzt zu speziellen Aldosteronantagonisten (Spironolacton oder Eplerenon), bei denen dem Körper weniger Kalium verloren geht als bei anderen Diuretika. Aldosteronantagonisten werden zu ACE-Hemmern und Beta-Blockern dazu gegeben.
  • Umstritten ist, ob bei chronischer Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium III–IV auch eine Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten (z. B. mit Marcumar®) erfolgen soll, um eine Blutgerinnselbildung im Herzen zu vermeiden. Besonders gefährdet dafür sind Patienten mit sehr schlecht pumpendem Herzen.

Implantierbarer Defibrillator (ICD)

Bestehen anhaltende gefährliche Herzrhythmusstörungen (ventrikuläre Tachykardien), die zu plötzlichem Herztod führen können, wird die vorbeugende Versorgung mit einem speziellen defibrillierenden Herzschrittmacher (ICD) empfohlen, der diese Herzrhythmusstörungen erkennt und automatisch beendet.

Operative Behandlung

Bevor lebenslang Medikamente verordnet werden, muss der Arzt zunächst versuchen, die auslösende Grundkrankheit der Herzinsuffizienz zu behandeln. So lässt sich eine Herzinsuffizienz bereits durch den alleinigen Einsatz eines Herzschrittmachers oder einer künstlichen Herzklappe beseitigen oder durch eine Gefäßaufdehnung oder Bypass-Operation deutlich bessern.

Ist die Pumpfunktion des Herzens so schlecht geworden, dass trotz aller Therapiebemühungen die Atemnot weiter zunimmt (entspricht NYHA-Stadium IV), so bieten spezialisierte Zentren folgende Therapiemöglichkeiten an:

  • Biventrikuläre Herzschrittmachertherapie (kardiale Resynchronisationstherapie): Die gleichzeitige elektrische Schrittmacherstimulation von linker und rechter Herzkammer verbessert die Pumpfunktion des Herzens bei bestimmten Formen der Reizleitungsstörung und erhaltenem Sinusrhythmus.
  • Herz-Unterstützungssystem (assist device) oder Kunstherz-Implantation: Die Pumpfunktion des Herzens wird durch mechanische Pumpen unterstützt oder ersetzt. Dies erfordert einen hohen Betreuungsaufwand und dient meist nur als Überbrückung bis zur Herztransplantation.
  • Herztransplantation.

Herztransplantation: Eine Herztransplantation wird bei schwerster Herzinsuffizienz empfohlen, wenn alle anderen Therapiemaßnahmen erschöpft sind und keine sonstigen schweren Begleiterkrankungen wie Tumoren, chronische Infekte, Leber- und Nierenfunktionsstörungen, psychische Störungen oder ausgeprägte Verkalkungen wichtiger Gefäße bestehen.

In Deutschland werden derzeit jährlich etwa 250 Herzen verpflanzt. Etwa 5 % der Herztransplantierten sterben wegen akuter Komplikationen im Zusammenhang mit der Operation. Die Überlebensrate nach 1 Jahr liegt bei etwa 80 %, nach 5 Jahren bei 70 % und nach 10 Jahren bei 50 %. Die Herztransplantation ist damit allen anderen Therapieverfahren bei schwerster Herzinsuffizienz (NYHA IV) überlegen. Die meisten Patienten bewerten die Lebensqualität nach einer Herztransplantation positiv, 90 % von ihnen sind dadurch wieder in der Lage, ein aktives Leben zu führen.

Längerfristig ist der Erfolg der Herztransplantation durch die Folgen der künstlichen Unterdrückung der Abwehr des Körpers (Immunsuppression) gefährdet. Trotzdem lassen sich Abstoßungsreaktionen des Transplantats nicht vollständig unterdrücken. Durch die chronische Abstoßungsreaktion (Transplantat-Vaskulopathie) verändern sich z. B. mit der Zeit die Herzkranzgefäße, deshalb wird, neben zwei bis vier ambulanten Kontrolluntersuchungen, jährlich eine Herzkatheteruntersuchung in dem betreuenden Herztransplantationszentrum durchgeführt.

Eine Immunsuppression ist lebenslang notwendig. Zum Einsatz kommen dabei meist Dreierkombination, z. B. mit den Wirkstoffen Tacrolimus, Mycophenolat, Cyclosporin und Prednisolon. Die richtige Dosierung der Medikamente wird durch regelmäßige Messung der Blutspiegel überwacht. Wahrscheinlich aufgrund der dauerhaften Immunsuppression erkranken langfristig etwa 5–10 % der Herztransplantierten an einem Tumor (insbesondere Hauttumoren und Lymphome).

Prognose

Eine chronische Herzinsuffizienz war noch vor 60 Jahren ein sicheres Todesurteil. Heute beeinflusst eine leichte und mittlere Herzinsuffizienz die Lebensqualität der meisten Patient*innen dagegen nur wenig. Eine höhergradige Herzinsuffizienz ist aber auch heute noch mit erhöhter Sterblichkeit verbunden. Tritt Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung auf (NYHA III), so sterben 25 % der Betroffenen innerhalb eines Jahres, bei Atemnot bereits in Ruhe (NYHA IV) sind es über 50 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Medikamente sind zwar der wesentliche Bestandteil der Herzinsuffizienztherapie – aber nur dann, wenn Sie Ihren Alltag an die Erkrankung anpassen, erreichen Sie eine zufriedenstellende Lebensqualität. Tun Sie alles, um ein Voranschreiten der Herzinsuffizienz in die gefährlichen Stadien NYHA III und IV hinauszuzögern! Folgende Punkte sind besonders wichtig:

Trinkmenge. Zuviel Flüssigkeitszufuhr belastet das Herz und verschlechtert die körperliche Leistung. Legen Sie deshalb zusammen mit Ihrer Hausärzt*in die geeignete Trinkmenge mit Hilfe einer Flüssigkeitsbilanz fest. Flüssigkeit wird neben dem Trinken auch in versteckter Form (z. B. mit Suppen, Gemüse, Salaten, Obst, Kompott oder Jogurt) aufgenommen. Durch tägliches Wiegen bemerken Sie rechtzeitig die Einlagerung von Flüssigkeit ins Gewebe. Insbesondere eine rasche Gewichtszunahme (z. B. 1 kg in 24 Stunden) spricht für ein Ungleichgewicht zwischen Flüssigkeitszufuhr und -ausscheidung.

Essen. Wenn Sie an Übergewicht leiden: Normalisieren Sie Ihr Gewicht. Dabei kann Ihnen die Herzinsuffizienz sogar helfen, denn sie führt wegen gestauter Venen im Magendarmtrakt auch zu Appetitlosigkeit. Tendieren Sie allerdings zu Untergewicht, müssen Sie auf eine ausreichende, leicht verdauliche, gesunde Ernährung achten.

Gehen Sie sparsam mit Kochsalz um, indem Sie stark gesalzene Nahrungsmittel meiden. Beim Essen nicht nachsalzen, auf Fertiggerichte und Konserven verzichten (weil diese stets mit viel Salz zubereitet werden), beim Selbstkochen Gewürzkräuter statt Kochsalz verwenden und natriumarmes Mineralwasser trinken.

Alkohol schädigt direkt den Herzmuskel, der Alkoholkonsum sollte deshalb minimiert werden. Bei alkoholbedingter Herzmuskelschädigung ist absoluter Alkoholverzicht eine Selbstverständlichkeit.

Rauchen. Rauchen schädigt die Herzkranzgefäße akut und auf Dauer, zudem verstärkt es die Atembeschwerden. Sie sollten deshalb möglichst bald aufhören; ärztliche Hilfe kann diesen Schritt erleichtern, beispielsweise durch Nichtraucherkurse auf verhaltenstherapeutischer Basis. Auch Akupunktur und Hypnose werden zur Raucherentwöhnung eingesetzt, allerdings mit fragwürdigem Effekt.

Bewegung. Auch wenn die chronische Herzinsuffizienz zu belastungsabhängiger Atemnot führt, ist ein leichtes Bewegungstraining hilfreich. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. akute Herzmuskelentzündung) wird ein regelmäßiges, individuell angepasstes Training unter ärztlicher Aufsicht empfohlen, weil es die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber und erkundigen Sie sich, wo sich in Ihrer Nähe ärztlich begleitete Herzsportgruppen treffen. Im Stadium III der Herzinsuffizienz ist ein Bewegungstraining nur in eingeschränkter Form mit ausgiebigen Ruhephasen möglich. In Stadium IV beschränkt sich die Übungstherapie auf Umlagerungsübungen der Armen und Beine zur Thrombosevermeidung.

Schlafen. Schlafen mit erhöhtem Oberkörper entlastet das Herz – ab NYHA III sollten Sie es zur Regel machen.

Impfen. Nutzen Sie die Möglichkeit der jährlichen Grippeschutzimpfung, denn eine Lungenentzündung oder eine andere schwere Infektion kann Sie im wahrsten Sinne des Wortes das Leben kosten.

Reisen. Bedenken Sie bei der Urlaubsplanung, dass ein Aufenthalt in großer Höhe sowie heißes, schwüles Klima die Beschwerden der chronischen Herzinsuffizienz verstärken. Ab NYHA III sollte auch Ihr Urlaubsort über qualifizierte Ärzte verfügen.

Fahrtauglichkeit. Bei NYHA IV besteht Fahruntauglichkeit (und auch Fluguntauglichkeit), bei NYHA III besteht bedingte Fahrtauglichkeit, solange der Zustand stabil ist.

Prävention

Sie können einer chronischen Herzinsuffizienz nur durch konsequente Behandlung der auslösenden Grunderkrankungen und durch Minimieren der Risikofaktoren vorbeugen. Viele Herzinsuffizienzen könnten verhindert werden, wenn der Bluthochdruck gut eingestellt wäre und die Risikofaktoren einer KHK gemieden würden.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Eine vieldiskutierte Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie sind Crataegus-Extrakte, die aus den Blüten und Blättern des Weißdorns hergestellt werden. Die Droge enthält als wirksame Bestandteile Flavonoide (sekundärer Pflanzenstoff) und Procyanidine. Ihre wichtigste herzwirksame Eigenschaft ist die Verbesserung der Kontraktionskraft und damit der Leistungsfähigkeit des Herzens, da die Flavonoide – ähnlich wie Extrakte aus dem Fingerhut (Digitalis), wenn auch in geringerem Maße – die Kalziumkonzentration in den Zellen erhöhen. Außerdem verringern Weißdornextrakte den Widerstand in den Blutgefäßen und verbessern so die Durchblutung in den Herzkranzgefäßen. In klinischen Studien wurden die typischen Symptome der leichten und mittleren Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium I und II), z. B. Erschöpfung und Atemnot bei Belastung, damit gelindert. Therapeutische Erfolge sind allerdings nur zu erwarten, wenn standardisierte Fertigarzneimittel und keine Weißdornsäfte oder ähnliches eingesetzt werden. Sie garantieren die empfohlene Tagesdosis von 160–900 mg nativem Crataegus-Auszug.

Akupunktur. Die Akupunktur bessert zwar nicht die Schlagkraft des Herzens selbst, doch die typischen Symptome der chronischen Herzinsuffizienz. Das Nadeln von Punkten, die laut TCM allgemein Kraft geben und das Nervensystem beeinflussen, bessert die Skelettmuskelarbeit der Patient*innen, sodass sie beispielsweise länger zu Fuß gehen können und belastbarer sind.

Entspannungsverfahren. Tai Chi verbessert zwar nicht die physische Belastbarkeit der Patienten, dafür aber die Lebensqualität. Patienten, die in einer Studie an einem zwölfwöchigen Tai-Chi-Training teilnahmen, fühlten sich danach psychisch gesünder als Patienten, die kein Tai Chi machten. Auch motivierte das Trainingsprogramm die Patient*innen, künftig mehr Sport zu treiben.

Ansonsten kommen die gleichen komplementärmedizinischen Therapien wie bei KHK in Frage.

Weiterführende Informationen

  • www.herzstiftung.de – Internetseite der Deutschen Herzstiftung e. V. (Frankfurt), einem von Ärzten gegründeten gemeinnützigen Verein: Angeboten werden verschiedene Zeitschriften, Broschüren, Buchtipps sowie Hinweise auf Selbsthilfegruppen.
  • www.herzschwaeche-info.de – Internetseite des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz Würzburg mit Rat und Hilfe für Betroffene und bundesweiten Adressen für Herzsportgruppen und Selbsthilfegruppen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzklappenfehler, erworbene

Erworbene Herzklappenfehler (erworbene Vitien): Krankheitsbedingte Schädigung einer oder mehrerer Herzklappen, die das korrekte Öffnen und Schließen derselben behindert. Dies behindert den Blutfluss durch Herz und Lunge und belastet das Herz mit z. T. erheblicher Mehrarbeit.

Herzklappenfehler gibt es als angeborene Fehlbildung, sie können aber auch in jedem Lebensalter durch Entzündungen oder Degeneration entstehen. Am gefährlichsten sind Klappenfehler an der Aorten- und Mitralklappe. Der häufigste Herzklappenfehler ist die Aortenstenose, gefolgt von der Mitralinsuffizienz. Wenn Herzklappenfehler zur Herzinsuffizienz führen, muss operativ eingegriffen werden. In Deutschland werden pro Jahr etwa 19.000 Operationen an Herzklappen durchgeführt.

Symptome und Leitbeschwerden

Alle Anzeichen der Herzinsuffizienz. Zusätzlich:

  • Herzstolpern, Herzklopfen, Herzrasen
  • Druck, Engegefühl und Schmerzen hinter dem Brustbein
  • Bei Aortenklappenstenose: Niedriger Blutdruck, Schwindelgefühl, kurze Ohnmachtsanfälle bei Belastung
  • Bei Mitralklappenstenose: Rötlich-bläuliche Hautverfärbungen beider Wangen ("Mitralbäckchen").

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn

  • die Belastbarkeit fortgesetzt abnimmt.
  • Herzstolpern, Schwindel und Beinschwellungen auftreten.

Sofort bei

  • Atemnot, Angst und Herzschmerzen.

Die Erkrankungen

Krankheitsentstehung

Entzündliche und degenerative Vorgänge an den Herzklappen sind die wesentlichen Gründe für erworbene Herzklappenfehler. Sie können jede Klappe betreffen und sehr plötzlich, z. B. bei einer akuten Endokarditis oder langsam im Lauf der Jahre entstehen. In seltenen Fällen verursachen auch Bindegewebserkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder Autoimmunerkrankungen wie die Takayasu-Arteriitis Herzklappenfehler.

Bei einer Klappenstenose (Herzklappenverengung) öffnet sich die Herzklappe nicht mehr vollständig, sodass das Blut von der Herzmuskulatur nur noch mit großer Mühe hindurchgepresst werden kann. Bei einer Klappeninsuffizienz sind die geschlossenen Herzklappen undicht, verlieren ihre Ventilfunktion und lassen einen Blutfluss in beide Richtungen zu. Wenn beide Funktionsstörungen an einer Klappe gleichzeitig auftreten, so spricht man von einem kombinierten Herzklappenfehler (kombiniertes Klappenvitium).

Eine Klappeninsuffizienz kann nicht nur durch Veränderung an den Klappen selbst, sondern auch nach Schädigung des Klappenhalteapparates oder nach Erweiterung der klappentragenden Herzanteile entstehen, z. B. als Folge eines ausgedehnten Herzinfarkts oder einer dilatativen Kardiomyopathie. Jeder fortschreitende, operativ nicht korrigierte Herzklappenfehler führt letztlich zu Herzinsuffizienz.

Mitralklappenfehler (Mitralvitien)

Die Mitralklappenstenose ist meist Spätfolge eines vor 10–20 Jahren erlittenen akuten rheumatischen Fiebers, sie tritt dank besserer Vorbeugung heute nur noch selten auf. Die verengte Mitralklappe behindert den Blutstrom vom linken Vorhof in die linke Herzkammer, sodass das Blut sich im linken Vorhof und damit in die Lunge zurückstaut.

Dadurch vergrößert sich der linke Vorhof und wird oft Ausgangspunkt für Herzrhythmusstörungen und Embolien (Blutgerinnsel, die sich im Herzen bilden, in den Kreislauf eingeschwemmt werden und z. B. im Gehirn zu einem Schlaganfall führen). Aufgrund der Emboliegefahr hemmen die Ärzte bei einer Mitralstenose häufig langfristig die Blutgerinnung (Antikoagulation, siehe unter Gerinnungshemmende Medikamente).

Bei einer Mitralklappeninsuffizienz fließt das Blut beim Pumpvorgang der linken Herzkammer nicht nur in die Hauptschlagader, sondern auch wieder in den linken Vorhof zurück ("Pendelblut"). Dadurch gelangt zu wenig Blut in das arterielle Herz-Kreislauf-System, d. h. die effektive Herzleistung und damit die Sauerstoffversorgung des Herzens nehmen ab. Weil die linke Herzkammer zusätzlich zur normalen Blutmenge auch das Pendelblut wieder mit aufnehmen muss, vergrößert sie sich und lässt nach und nach in ihrer Kontraktionskraft nach, d. h. das Herz wird schwächer (Herzinsuffizienz). Dadurch wird das Blut nicht regelrecht weitertransportiert und es staut sich in die Lungengefäße zurück. Langfristige Folgen sind zunehmende Atemnot, Lungenödem und Vorhofflimmern.

Mitralklappenprolaps. Eine häufige Ursache der Mitralklappeninsuffizienz ist das Mitralklappenprolapssyndrom (Barlow-Syndrom, Klicksyndrom). Hierbei handelt es sich um übergroße Klappensegel, die sich in den linken Vorhof vorwölben. Ursache ist eine Bindegewebsstörung, die zu einer Überdehnung und meist auch zu einer Verdickung der Klappen und des Klappenhalteapparats der Mitralklappe führt. Beim Abhören des Herzens fällt dem Arzt manchmal ein charakteristischer zusätzlicher Herzton auf. In der Echokardiografie ist die Vorwölbung der Klappensegel gut zu erkennen.

Der Mitralklappenprolaps tritt relativ häufig auf (bei 3 % der Bevölkerung) und kann sich in jedem Lebensalter entwickeln. Die Klappenveränderungen sind ganz unterschiedlich ausgeprägt. Die allermeisten Betroffenen haben keine Beschwerden. Die Segelklappen können verdickt oder nur vergrößert sein, Prolaps und Insuffizienz fallen leicht- bis schwergradig aus. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte können sich die Mitralklappen immer weiter verändern.

Aortenklappenfehler

Die Aortenklappe schließt die linke Herzkammer zur Hauptschlagader hin ab. Eine Verengung (Aortenklappenstenose) verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Wenn sie fortschreitet, muss das Blut jedoch mit steigender Kraft durch die Aortenklappe hindurchgepresst werden. Folge ist eine zunehmende Verdickung der Muskulatur der linken Herzkammer, die solche Ausmaße annehmen kann, dass die Blutversorgung der Herzmuskulatur durch die Herzkranzgefäße nicht mehr ausreicht. Unter körperlicher Belastung treten dann Angina pectoris, Atemnot und Schwindel bis hin zu Ohnmachtsanfällen auf.

Bei einer Aortenklappeninsuffizienz fließt Blut nach jeder Systole aus der Hauptschlagader wieder in die linke Herzkammer zurück. Die linke Herzkammer wird fortgesetzt mit einer zu großen Blutmenge überlastet. Betroffene bemerken das ungewöhnlich große Schlagvolumen manchmal an kleinen unangenehmen Erschütterungen im Kopf oder in den Extremitäten. Nach einer anfänglichen Verdickung der Herzmuskulatur hält die linke Herzkammer dieser Mehrbelastung mit der Zeit nicht mehr stand. Die Pumpleistung lässt nach und die Größe der linken Herzkammer nimmt zu. Betroffene merken das an einer zunehmenden Atemnot unter Belastung.

Diagnosesicherung

Beim Abhören des Herzens fallen Klappenfehler durch charakteristische Herzgeräusche auf. Auch das EKG gibt oft Hinweise auf krankheitsbedingte Belastungen einzelner Herzhöhlen. Mit dem Belastungs-EKG prüft der Arzt, wie sich der Herzklappenfehler unter steigender körperlicher Aktivität auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Im Röntgenthorax gibt sich ein Herzklappenfehler oft anhand charakteristischer Änderungen der Herzform zu erkennen. Auch verkalkte Herzklappen zeigen sich dort.

Mit der transthorakalen Echokardiografie und transösophagealen Echokardiografie lässt sich die geschädigte Klappe direkt in Aktion beobachten. Anhand der Messung der Fließgeschwindigkeiten des Bluts im Herzen bestimmt der Arzt die Ausprägung des Klappenfehlers. Insbesondere wenn eine Klappenoperation ansteht, muss anhand einer Koronarangiografie geklärt werden, ob auch Herzkranzgefäßverengungen vorliegen und eine gleichzeitige Bypassoperation zu empfehlen ist.

Behandlung

Wichtig für den Patienten ist, sich nicht zu früh und nicht zu spät zur Operation zu entschließen. Wenn keine Beschwerden vorliegen, werden häufig zunächst Kontrolluntersuchungen in 6- bis 12-monatigem Abstand durchgeführt und die Herzfunktion wird weiter beobachtet. Eine Ausnahme von dieser Regel stellt die Aortenklappenstenose dar, bei der tendenziell früh operiert wird, weil der Verlauf der Erkrankung unberechenbar ist.

Die besten Langzeitergebnisse und die geringsten Operationsrisiken sind gegeben, wenn die Pumpfunktion des Herzens zum Operationszeitpunkt noch nicht wesentlich nachgelassen hat und die entstandenen Schäden am Herzen noch rückbildungsfähig sind. Leider sterben ~ 3 % der Patienten bei der OP – das geringste Risiko besteht bei Klappenersatz wegen Aortenklappenstenose und bei Rekonstruktionen der Mitralklappe. Bei schlechtem Allgemeinzustand (Übergewicht, Diabetes, KHK, hohes Alter) steigen die Operationsrisiken für den Einzelnen erheblich, deshalb zögert der Arzt bei diesen Patienten den Operationszeitpunkt so weit wie möglich hinaus.

Medikamentöse Überbrückung. Beschwerden einer Herzinsuffizienz (z. B. Herzrhythmusstörungen, zu schnellen Herzschlag oder Atemnot) behandeln die Ärzte bis zur notwendigen Operation medikamentös. Dabei setzen sie vor allem Diuretika ein, aber auch Betablocker und manchmal gefäßerweiternde Medikamente.

Behandlung der Mitralklappenstenose: Bei zunehmender Atemnot ersetzen die Ärzte die verengte Mitralklappe durch eine Klappenprothese oder dehnen sie mithilfe eines speziellen Ballonkatheters auf, wodurch sich die verklebten Mitralsegel lösen und die Klappenöffnungsfläche wieder größer wird. Durch diese Ballonvalvuloplastie wird die Mitralklappenoperation auf einen späteren Termin verschoben und kann manchmal sogar ganz entfallen.

Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz: Bei fortgeschrittener Mitralinsuffizienz ersetzen die Ärzte die defekte Mitralklappe durch eine Kunstklappe oder machen sie durch eine klappenerhaltende Reparaturoperation, eine Klappenrekonstruktion, wieder funktionstüchtig. Wenn der Klappenbefund eine Wahl der Operationsmethode zulässt, sollte die Klappenrekonstruktion dem Klappenersatz vorgezogen werden. Hier sind das Operationsrisiko, die Gefahr einer Thrombose oder Embolie und die Endokarditisrate niedriger. Außerdem bleibt nach der Operation die Pumpfunktion des Herzens besser erhalten. Bei normalem Sinusrhythmus kann nach einer Rekonstruktion auf gerinnungshemmende Medikamente verzichtet werden.

Ob eine Klappenrekonstruktion möglich ist, wird nicht von allen Herzchirurgen gleich beurteilt. Daher ist es sinnvoll, einen Herzchirurgen mit großer Erfahrung bei Klappenrekonstruktionen aufzusuchen.

Behandlung eines Mitralklappenprolaps: Bei einem Mitralklappenprolaps ohne Mitralinsuffizienz und ohne Verdickung der Mitralsegel genügen kardiologische Kontrolluntersuchungen in 3- bis 5-jährigen Abständen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen sind nicht erforderlich. Zeigen sich dagegen verdickte Mitralklappensegel oder eine Mitralklappeninsuffizienz, sind eine Endokarditisprophylaxe und häufigere Kontrolluntersuchungen (etwa alle 1–2 Jahre) nötig. Bei zunehmender Insuffizienz der Mitralklappe ist eine operative Klappenrekonstruktion oder ein Klappenersatz angebracht.

Behandlung bei Aortenklappenstenose: Treten Beschwerden auf oder ist die Pumpfunktion des Herzens reduziert, muss die Aortenklappe operativ ersetzt werden.

Behandlung bei Aortenklappeninsuffizienz: Eine Herzklappenoperation muss erfolgen, bevor unumkehrbare Schäden an der Kammer entstanden sind. Eine Klappenrekonstruktion ähnlich wie bei der Mitralklappeninsuffizienz ist hier selten möglich, in der Regel wird die Herzklappe ersetzt.

Operationsverfahren

Der Herzklappenersatz kann auf zwei Wegen erfolgen:

  • Chirurgisch als offene Herzoperation über das eröffnete, also aufgesägte, Brustbein. Hier schließen die Ärzte den Patienten während der Operation an eine Herz-Lungen-Maschine an und operieren das vorübergehend stillgelegte Herz im Brustkorb. Vorteil dieser Methode ist, dass der Patient, wenn nötig, auch zugleich mit einem Bypass versorgt werden kann (Bypass-Operation).
  • Interventionell über den Herzkatheter. Bei der Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) schieben die Ärzte mit dem Katheter eine gefaltete Herzklappe in das Herz vor, entfalten sie und verankern sie im Klappenring. Vorteil dieses minimal-invasiven Verfahrens ist, dass es auch bei Patienten mit hohem Operationsrisiko möglich ist, empfohlen wird das Verfahren deshalb vor allem für Patienten über 85 Jahre. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie fordert allerdings, dass während der Operation ein herzchirurgisches Team erreichbar ist, sodass man bei Komplikationen jederzeit auf die offene Operation zurückgreifen kann.

Herzklappenprothesen

Die Entwicklung von mechanischen und biologischen Herzklappenprothesen hat die Behandlungsmöglichkeiten erheblich verbessert:

  • Mechanische Herzklappenprothesen bestehen aus künstlichen Materialien, meist aus Kunststoff. Sie imitieren die Klappenfunktion durch Doppelflügel, Kippscheiben oder Kugelventile. Diese Klappen halten praktisch lebenslang. Sie haben aber den Nachteil, dass dauerhaft eine Gerinnungshemmung (z. B. mit Marcumar®) notwendig ist, weil sich sonst an den künstlichen Materialien Blutgerinnsel bilden. Oft nimmt der Patient die Bewegung der Kunstklappe als klickendes Geräusch wahr.
  • Biologische Herzklappenprothesen werden aus Schweine- oder Rindergewebe gefertigt. Sehr begrenzt stehen auch gespendete menschliche Herzklappen zur Verfügung. Der Vorteil biologischer Herzklappenprothesen ist, dass eine dauerhafte Gerinnungshemmung überflüssig ist – in der Regel müssen die Patienten nur etwa 3 Monate lang gerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Nachteil der biologischen Herzklappenprothesen ist jedoch, dass diese nur etwa 10–15 Jahre halten.

Es gilt also abzuwägen, was vorteilhafter ist: Entweder steht die Vermeidung einer schwerwiegenden Blutung oder die möglichst lange Haltbarkeit der Klappenprothese im Vordergrund. Was der Arzt letztlich empfiehlt, hängt von Begleiterkrankungen, Lebensalter, Lebensqualität, aber auch den Hobbys und beruflichen Interessen der Patienten ab.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

  • Wurden bei Ihnen Schäden an den Herzklappen festgestellt oder neue Herzklappen eingepflanzt, beachten Sie die Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe. Sie vermeiden damit schwerwiegende Komplikationen. Sportliche Aktivitäten und schwere körperliche Belastungen müssen Sie mit dem Arzt absprechen.
  • Achten Sie bei mechanischen Herzklappenprothesen sorgfältig auf eine gut eingestellte Gerinnungshemmung und nehmen Sie die empfohlenen Kontrolluntersuchungen wahr. Besonders bei Mitralklappenprothesen ist die Gefahr einer Gerinnselbildung groß, und die gerinnungshemmende Therapie ist daher besonders ernst zu nehmen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzmuskelentzündung

Herzmuskelentzündung (Myokarditis): Entzündung des Herzmuskels, meist unbemerkt als vorübergehende Begleitreaktion einer Grippe oder anderer fieberhafter Erkrankungen. Seltener massiv die Pumpfunktion des Herzens beeinträchtigend oder zu Herzrhythmusstörungen, insbesondere Extrasystolen und AV-Blocks führend. Bleibt sie in den letzt genannten Fällen unbehandelt, droht selten sogar ein plötzlicher Herztod. Ansonsten heilt die Herzmuskelentzündung meist von selbst aus, eine chronische Herzinsuffizienz kann aber als Dauerfolge bleiben.

Leitbeschwerden

  • Leistungsschwäche, Müdigkeit
  • Fieberhafter Infekt verbunden mit Herzklopfen, Herzstolpern, Herzrasen in Ruhe oder nach geringer körperlicher Belastung
  • Im fortgeschrittenen Stadium: alle Anzeichen der Herzinsuffizienz wie Atemnot bei Belastung und Ödeme.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn ein fieberhafter Infekt verbunden ist mit

  • Wiederkehrendem Herzklopfen
  • Herzstolpern
  • Herzrasen
  • Druck- und Wundgefühl im Herzbereich

Sofort den Notarzt rufen, wenn

  • Zuvor nicht bekannte Herzrhythmusstörungen auftreten
  • Atemnot oder Ohnmacht auftritt.

Die Erkrankung

Prinzipiell können alle Infektionserreger, die den Körper befallen, eine Herzmuskelentzündung auslösen. Bei verschleppten und unzureichend behandelten viralen Infekten (mit kardiotropen Viren wie Coxsackie), insbesondere der oberen Atemwege, kommt dies jedoch häufiger vor.

Die Behandlung besteht zunächst in der körperlichen Schonung, um das Herz nicht zusätzlich zu belasten. Ist der Auslöser bekannt, unterstützt eine gezielte Medikamentengabe den Heilungsprozess. Die Erkrankung dauert durchschnittlich 6 Wochen, im Einzelfall aber zwischen 2 und über 12 Wochen. Greift die Entzündung auch auf den Herzbeutel über, so spricht man von einer Perimyokarditis.

Die meisten Herzmuskelentzündungen heilen wieder ab, ohne dass das Herz einen bleibenden Schaden zurückbehält. Bei jedem Sechsten gerät jedoch ein chronischer Prozess in Gang, der zum bindegewebigen Umbau (Fibrosierung) und zur Leistungsminderung der Herzmuskulatur führt. Er kann in einer dilatativen Kardiomyopathie mit chronischer Herzinsuffizienz enden.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Leistungsschwäche, Müdigkeit und fehlende körperliche Belastbarkeit sind typische Beschwerden bei jeder fieberhaften Infektion. Erst zusätzlich neu auftretende Herzrhythmusstörungen und EKG-Veränderungen machen eine Herzmuskelentzündung wahrscheinlich.

Neben dem Abhören des Herzens und dem Ruhe-EKG deckt ein Langzeit-EKG die Herzrhythmusstörungen auf. In der Echokardiografie ist eine Erweiterung der Herzhöhlen, eine gestörte Pumpfunktion oder ein entzündlicher Erguss im Herzbeutel zu erkennen. Im Blut lassen sich Entzündungszeichen oder Antikörper gegen Krankheitserreger nachweisen. Bei einer Pumpschwäche sind das vergrößerte Herz und eine Lungenstauung im Röntgenbild sichtbar. In Zweifelsfällen hilft das Kardio-MRT, die Diagnose zu sichern.

Eine Herzkatheteruntersuchung ist in den meisten Fällen nicht erforderlich. Gelegentlich wird sie dennoch durchgeführt, um eine kleine Gewebeprobe zu entnehmen und diese auf Entzündungszellen und Krankheitserreger hin zu untersuchen.

Therapie. Die Behandlung hängt stark von der Schwere der Entzündung ab, basiert aber immer auf drei Säulen:

  • Der maximalen Entlastung und Schonung des Herzens. Dazu verordnet der Arzt je nach Schwere „Arbeitsverbot“ (auch im Haushalt), häusliche Bettruhe oder eine Krankenhauseinweisung.
  • Der medikamentösen Stabilisierung der Herzleistung mit Medikamenten wie ACE-Hemmern und/oder Betablockern, bei bakterieller Myokarditis kommt eine antibiotische Therapie entsprechend dem Erregernachweis hinzu.
  • Dem raschen Erkennen von einer sich akut verschlechternden Herzleistung. Eventuell ist dazu eine Verlegung auf die Intensivstation notwendig oder eine Entlastung des Herzens durch temporären mechanischen Herzersatz.

Selbsthilfe

Viele Entzündungskrankheiten, insbesondere Virusinfekte, überfallen uns schicksalhaft und sind nicht zu verhindern. Und so ist auch niemand gegen eine Herzmuskelentzündung gefeit. Aber auf die Rahmenbedingungen können Sie Einfluss nehmen: So begünstigt besonders die Kombination aus körperlichen Belastungen, Stress oder Alkohol die Entwicklung einer Herzmuskelentzündung. Wenn Sie also Phasen hoher Beanspruchung haben, achten Sie darauf, dass es immer wieder Momente der Erholung und des Seele-Baumeln-Lassens gibt. Und wenn es Sie getroffen hat: Nehmen Sie die Erkrankung ernst. Sie kann Sie im wörtlichen Sinne mitten aus dem Leben reißen.

Vorsorge

Bei bakteriellen Entzündungen der Haut und der Schleimhäute verhindert eine effektive Antibiotikatherapie die Entstehung einer Herzmuskelentzündung. Brechen Sie daher die Antibiotikabehandlung nicht vorzeitig ab.

Besonders wichtig ist eine ausreichende Rekonvaleszenz nach Infektionen: Achten Sie bis mindestens 4 Wochen nach dem vollständigen Abklingen einer Infektion auf ausreichende körperliche Schonung und gesunde Ernährung. Vor Infektionen wie Grippe, Röteln, Mumps, Masern, Windpocken, Hepatitis oder Diphtherie können Sie sich mit Impfungen schützen. Dieses Angebot sollten Sie auch aus der Sicht des Kardiologen annehmen, denn alle diese Krankheiten können auch zur Herzmuskelentzündung führen.

Weiterführende Informationen

  • H-J. Trappe: Herzkrank. Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und Herzschwäche. Trias, 2004. In diesem Buch wird neben anderen Herzkrankheiten auch die Herzmuskelentzündung besprochen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med.Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen (Herzstolpern): Zu schneller, zu langsamer oder unregelmäßiger Herzschlag aufgrund einer gestörten Erregungsbildung oder -ausbreitung im Herzen, mit oder ohne Beschwerden für die Betroffenen.

Herzrhythmusstörungen können jahrelang unbemerkt bleiben (sehr häufig), mit mäßigen oder an bestimmte Situationen gebundenen Beschwerden einhergehen (häufig) oder aber mit schweren Beeinträchtigungen bis hin zum plötzlichen Herztod verbunden sein (sehr selten). Sie treten sowohl bei Herzgesunden als auch bei Herzkranken auf. Ursachen sind angeborene oder erworbene Herzerkrankungen, aber auch psychische Erregung, Kaffee-, Nikotin- oder Alkoholgenuss sowie Schilddrüsenfunktionsstörungen und Störungen im Elektrolythaushalt.

Therapeutische Optionen bei Herzrhythmusstörungen sind beispielsweise Medikamente, die Implantation eines Herzschrittmachers oder eine Katheterablation.

Hinweis: Dieser Artikel gibt einen Überblick über die möglichen Beschwerden bei Herzrhythmusstörungen, die elektrischen Phänomene im Herz, die Diagnostik und die prinzipiellen Behandlungsmöglichkeiten. Einzelheiten zu den jeweiligen Herzrhythmusstörungen werden in den dazugehörenden Artikeln behandelt.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Herzklopfen, Herzstolpern, Herzrasen
  • Kurze Ohnmachtsanfälle, Schwindelgefühl, Angstgefühl
  • Selten: Atemnot, Krampfanfälle, Bewusstlosigkeit
  • Sehr selten: Herz-Kreislauf-Stillstand.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • wiederholt Herzklopfen, Herzstolpern oder Herzrasen auftritt.

Sofort den Notarzt rufen, wenn

  • das Herzklopfen, Herzstolpern oder Herzrasen nicht mehr aufhört oder mit Angstgefühl, Schwindelbeschwerden oder Atemnot verbunden ist
  • Bewusstseinsstörungen auftreten, auch wenn diese nur vorübergehend sein sollten.

Die Erkrankungen

Herzrhythmusstörungen gehören zu den kompliziertesten Krankheiten in der gesamten Medizin. Um die Störungen besser zu verstehen, werden hier die wichtigsten Grundlagen der elektrophysiologischen Prinzipien im Herzen besprochen:

Elektrische Phänomene in unserem Herzen: Stromstöße, Taktgeber und Verteilerstrecken

Winzige Stromstöße entlang der Zellmembran einer Herzmuskelzelle ändern die elektrische Spannung zwischen Zellinnerem und -äußerem und geben der Herzmuskelzelle so den Befehl zum Zusammenziehen der Herzmuskelfaser. Ohne diese Stromstöße der Herzmuskelzellen könnte der Herzmuskel sich nicht zusammenziehen (kontrahieren) und damit kein Blut aus dem Herzen pumpen.

Damit eine geordnete Herzaktion entsteht, werden diese Stromstöße von einem zentralen Taktgeber gesendet: dem Sinusknoten. Der Sinusknoten ist ein etwa Olivenkern großes Areal im rechten Herzvorhof, dessen Zellen regelmäßig elektrische Signale erzeugen, die sie an die anderen Herzmuskelzellen weiterleiten. Der Sinusknoten ist der natürliche Schrittmacher des Herzens. Wenn er die Herzaktion bestimmt, spricht man vom Sinusrhythmus. Der Takt der Sinusknotenaktivität lässt sich stark vom vegetativen Nervensystem beeinflussen, daher führen z. B. psychische Erregungen zu schnellerem Herzschlag.

Die im Sinusknoten gebildete Erregung wird im Normalfall entlang von Verteilerstrecken, dem Erregungsleitungssystem aus speziellen Herzzellen, auf stets gleiche Weise über das gesamte Herz verteilt. Zunächst werden beide Vorhöfe zur Muskelkontraktion angeregt. Sodann passiert die Erregungswelle den Atrioventrikular-Knoten (AV-Knoten, Aschoff-Tawara-Knoten), der innerhalb der Vorhofscheidewand am Übergang vom Vorhof zur Kammer liegt. Danach teilt sich das Erregungsleitungssystem in zwei als Tawara-Schenkel bezeichnete Faserstränge, deren kleinste Fasern in die Muskulatur der Herzkammern ziehen und die Erregung dorthin weiterleiten.

Störungen

Sowohl bei der Erregungsbildung als auch bei der Erregungsausbreitung können Störungen auftreten. Eingeteilt werden die zahlreichen Herzrhythmusstörungen oft nach der Herzfrequenz und nach Ursprungsort:

Bradykarde Rhythmusstörungen, zu langsamer Herzschlag (< 60 Herzschläge/min). Zu den wichtigsten bradykarden Rhythmusstörungen gehören

  • im Vorhof: Sick Sinus Syndrom, Sinus-Atrialer Block (SA-Block)
  • im Reizleitungssystem: AV-Block, Schenkelblock.

Tachykarde Rhythmusstörungen mit zu schneller Herzfrequenz (≥ 100 Schläge/min bei Erwachsenen). Je nach ihrem Ursprung teilt man diese Arrhythmien in supraventrikuläre (in der Muskulatur der Vorhöfe entstehende) und ventrikuläre (in der Muskulatur der Herzkammern entstehende) Rhythmusstörungen.

  • Supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen. Zu den wichtigsten gehören
    • Vorhofflattern
    • Vorhofflimmern
    • Vorhofextrasystolen (supraventrikuläre Extrasystolen)
    • Paroxysmale Tachykardien
  • Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen

  • Ventrikuläre Extrasystolen
  • ventrikuläre Tachykardien
  • Kammerflattern
  • Kammerflimmern.

Beschwerden, Diagnose und Therapie der einzelnen Rhythmusstörungen werden in den jeweiligen Artikeln behandelt.

Ursachen der Störungen

Sind die Strukturen des Herzens z. B. durch Infarkt-Narben oder das Ausleiern von Muskelgewebe bei einem vergrößerten Herzen durch bestehende Kardiomyopathie geschädigt, kommt es leicht zu einer Beeinträchtigung der Erregungsleitung. Aber auch Sauerstoffmangel, also eine Ischämie, kann Herzrhythmusstörungen auslösen. Die häufigsten Ursachen für das Entstehen von Herzrhythmusstörungen sind deshalb

  • Erworbene Schädigungen des Herzmuskelgewebes (Fibrosen, Infarktnarben, Entzündungen) bei Kardiomyopathie, Aortenklappenstenose, Mitralklappenstenose, Herzmuskelentzündungen
  • Sauerstoffmangel aufgrund von Durchblutungsstörungen, z. B. bei akutem Koronarsyndrom oder Herzinfarkt
  • Degenerative Veränderungen am Sinusknoten oder im Reizleitungssystem
  • Medikamente (Herzglykoside, Antiarrhythmika, Betablocker, Diuretika)
  • Elektrolytstörungen (z. B. Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Veränderungen im Magnesium-Haushalt)
  • Lungenembolie
  • Schäden am Herzmuskelgewebe durch herzchirurgische Eingriffe
  • Angeborene Fehlbildungen (z. B. angeborener AV-Block oder angeborene zusätzliche Leitungsbahnen wie beim WPW-Syndrom)
  • Genetisch bedingte Erkrankungen z. B. mit Mutationen im Bereich der Kalium- und Natriumkanäle wie beim Brugada-Syndrom).

Diagnosesicherung

Neben der genauen Befragung, wann und wie sich die Beschwerden bemerkbar machen, werden die verschiedenen Herzrhythmusstörungen durch Tasten des Pulses, Abhören des Herzens, Bestimmung eines Pulsdefizits und durch das EKG erkannt. Außer dem Ruhe-EKG benötigt die Ärzt*in häufig auch ein Langzeit-EKG oder einen Ereignisrekorder.

Mit einem solchen Ereignis- oder auch Eventrekorder werden Rhythmusstörungen aufgezeichnet, die sich in der Praxis oder im Langzeit-EKG nicht erwischen lassen. Die Ärzt*in kann dann anhand der Daten die Art und das Ausmaß solcher Ereignisse bestimmen. Ereignisrekorder sind besonders hilfreich, wenn Betroffene immer wieder Beschwerden und Rhythmusstörungen verspüren.

Mehrere Systeme stehen zur Verfügung:

  • Externe, zeitweilige Überwachung: Hierbei drückt die Patient*in im Falle eines empfundenen Herzstolperns einen scheckkartengroßen Rekorder auf die Brust, damit das EKG über einige Minuten hinweg aufgezeichnet werden kann.
  • Externe, kontinuierliche Überwachung: Hier werden wie bei einem EKG Klebeelektroden angebracht und diese mit einem kleinen externen Rekorder, der ebenfalls aufgeklebt wird oder den die Patient*in bei sich trägt, verbunden. Dieser Rekorder zeichnet das EKG kontinuierlich auf, die Patient*in muss also nicht "aufpassen", ob sein Herz stolpert oder arhythmisch wird.
  • Implantierte, kontinuierliche Überwachung: Vermutet die Ärzt*in schwerwiegende, schwer erfassbare Rhythmusstörungen, rät sie häufig zur Implantation eines Eventrekorders unter die Haut. Diese Geräte zeichnen über einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren die Herzaktionen auf. Treten Rhythmusstörungen auf, speichert das Gerät diese Ereignisse. Außerdem kann die Patient*in die Aufzeichnung durch ein Handgerät manuell starten, sobald sie ein Herzstolpern bemerkt.

Manchmal treten Herzrhythmusstörungen vor allem bei körperlicher Anstrengung auf. In solchen Fällen kann die Ärzt*in die Rhythmusstörungen mit einem Belastungs-EKG aufdecken. In einigen Fällen ist zur Provokation von Herzrhythmusstörungen auch die Gabe bestimmter Medikamente (z. B. Atropin beim Sick Sinus Syndrom) oder eine Schrittmacherstimulation über einen Rechtsherzkatheter nötig.

In seltenen Ausnahmefällen wird die Diagnose durch eine EKG-Ableitung über spezielle Elektrodenkatheter, EPU gesichert, teilweise ist damit auch zugleich eine Behandlung, Katheterablation, möglich. Eine solche Untersuchung kann nur in einem kardiologischen Zentrum erfolgen. Eine weitere aufwendige Möglichkeit sind dreidimensionale Mapping-Systeme in Kombination mit einer dreidimensionalen MRT- oder CT. Hier wird mithilfe der Bildgebung und spezieller Messkatheter eine Art elektrophysiologische Landkarte des Herzens erstellt, mit der eventuelle Rhythmusstörungen noch genauer lokalisiert werden können.

Behandlungsmöglichkeiten

Je nach Ursache und Ausprägung stehen bei Herzrhythmusstörungen eine Reihe von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehören neben Medikamenten, die jeweils bei den verschiedenen Herzrhythmusstörungen besprochen werden, vor allem folgende nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren:

Katheterablation (Elektroablation): Bei diesem Verfahren wird ein Katheter in die Oberschenkelvene eingeführt und unter Röntgenkontrolle bis zum Herzen vorgeschoben. Über die Katheterspitze werden dann durch Hitze (Hochfrequenzstrom) oder Kälte (sog. Kryoablation) diejenigen Areale gezielt verödet, die für die Entstehung oder Weiterleitung der Rhythmusstörungen verantwortlich sind.

Defibrillation und Elektrokardioversion. Bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kreisen Erregungswellen chaotisch innerhalb der Herzmuskulatur, wodurch keine geregelten Kontraktionen des Herzens mehr möglich sind und somit kein Blut mehr durch den Körper gepumpt werden kann (sog. funktioneller Herzstillstand). Hier kann ein massiver Stromstoß Abhilfe schaffen. Dieser Stromstoß wird von außen über zwei auf dem Brustkorb aufliegende Plattenelektroden verabreicht. Er erregt für einen kurzen Moment alle Herzmuskelzellen gleichzeitig. Damit sind alle elektrischen und auch alle mechanischen Aktionen im Herzen gestoppt. Als erstes Reizbildungszentrum erholt sich der Sinusknoten, dessen Erregungswellen sich jetzt über das gesamte Herz ausbreiten und somit wieder einen regelmäßigen, effektiven Herzschlag ermöglichen. Diese Elektroschock-Therapie wird im Rahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung als Defibrillation bezeichnet.

Als Elektrokardioversion kommt sie zum Einsatz, wenn noch wirksame Aktionen der Herzkammern vorhanden sind, z. B. wenn Vorhofflattern oder -flimmern in einen regelmäßigen Sinusrhythmus überführt werden soll. Dann wird der Stromstoß für eine optimale Wirkung sorgfältig geplant und über ein Steuergerät mit den EKG-Ableitungen koordiniert abgegeben. Die Kardioversion wird unter Kurznarkose durchgeführt.

Herzschrittmacher (Pacemaker). Der Schrittmacher ist bei vielen bradykarden Herzrhythmusstörungen eine Therapieoption. Er wird in der Regel an der rechten Brustseite unterhalb des Schlüsselbeins in einer Hauttasche über dem Brustmuskel implantiert und ist so auch leicht durch die Haut hindurch tastbar. Die Herzschrittmacher-Implantation wird meist in örtlicher Betäubung vorgenommen. An den Herzschrittmacher sind Kabel angeschlossen, die Schrittmacherelektroden. Sie werden bei der Implantation unter der Haut hindurch in eine freigelegte Vene am Schlüsselbein eingebracht und in das rechte Herz vorgeschoben. Diese Elektroden verhaken sich mit ihrer Spitze im Herzmuskel. So erreichen die Impulse des Herzschrittmachers die Herzmuskelzellen und breiten sich von dort über das gesamte Herz aus. Bei ungestörter Überleitung der Erregungswelle vom Vorhof auf die Kammer reicht bei Sinusknotenstillstand eine alleinige Stimulation im Vorhof aus, ein so genanntes Einkammer-Schrittmachersystem. Ist zusätzlich der AV-Knoten in seiner Funktion gestört, wird ein Zweikammer-Schrittmachersystem erforderlich, um neben dem Vorhof über eine zweite Elektrode auch die Herzkammer zu stimulieren. Auch die alleinige Kammererregung durch den Herzschrittmacher ist möglich, wenn die Erregungswellen der Vorhöfe die Kammern nicht erreichen.

Ein Herzschrittmacher muss nicht nur Impulse abgeben, sondern auch erkennen, ob das Herz eine Eigenaktion startet, und auf diese dann richtig reagieren. Denn nur dann, wenn die Kontraktionen von Herzvorhof und Herzkammer im richtigen zeitlichen Abstand erfolgen, gelingt ein wirksamer Herzschlag. Dies gewährleistet ein Mikroprozessor, mit dem heute jeder Schrittmacher ausgestattet ist und der individuell an die Bedürfnisse der Herzerkrankung angepasst wird.

Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD, auch AICD): Für die Dauerbehandlung gefährlicher schneller Rhythmusstörungen kommt ein sogenannter ICD in Betracht. Er erkennt die gefährlichen Herzrhythmusstörungen und beendet sie automatisch durch verschieden starke elektrische Impulse (Antitachykardiefunktion), wodurch wieder eine normale Herzschlagfolge hergestellt wird. Damit ist der ICD eine Behandlungsmöglichkeit für Patient*innen, die einen Herzstillstand wegen Kammerflimmerns überlebt haben oder bei denen trotz medikamentöser Therapie Kammerflimmern droht.

Ein ICD ist zwar etwas größer als ein Herzschrittmacher, wird aber wie dieser im Bereich der Brustmuskulatur implantiert und über eine Schrittmacherelektrode mit dem rechten Herzen verbunden. Neben der lebensrettenden Defibrillator-Funktion verfügen die meisten implantierbaren Defibrillatoren heute über eine Schrittmacherfunktion. Zudem zeichnen sie wie ein EKG-Gerät die Herzaktionen auf und speichern sie ab. Dies ermöglicht dem Kardiologen bei regelmäßigen Kontrolluntersuchungen zu überprüfen, ob seit dem letzten Untersuchungstermin Herzrhythmusstörungen aufgetreten sind und ob der ICD richtig reagiert hat.

Schrittmacherkontrollen: Die vielfältigen Programmiermöglichkeiten eines Herzschrittmachers oder ICD erfordern eine individuelle Einstellung, die regelmäßig geprüft wird. Schrittmacher werden von außen durch die Haut unkompliziert abgefragt und neu programmiert. Kontrolluntersuchungen mit Prüfung des Batteriezustands und der Tauglichkeit der Elektroden finden alle 6–12 Monate statt. Alle 3–12 Jahre muss das gesamte Schrittmachergehäuse gewechselt werden, weil sich die Schrittmacherbatterie allmählich entleert. Alle Schrittmacherträger erhalten einen Ausweis, der alle wichtigen Daten enthält.

Selbsthilfe für Schrittmacher-Träger

Der Herzschrittmacher soll zu einem normalen, lebenswerten Leben verhelfen; er ist nicht Ausdruck einer Behinderung. Nicht der Herzschrittmacher schränkt die Belastbarkeit ein, sondern vielmehr die körperliche Verfassung, die zugrunde liegende Herzkrankheit oder andere Begleiterkrankungen.

Sie können weiterhin schwimmen, duschen und baden oder ins Solarium gehen, Auto fahren, mit dem Schiff, der Bahn oder dem Flugzeug verreisen. Am Flughafen weisen Sie vor dem Passieren der Kontrollschleuse wegen den Metalldetektoren auf Ihren Schrittmacher hin und zeigen Sie Ihren Schrittmacherausweis vor. Sie werden dann gesondert abgetastet, weil der Metalldetektor Alarm geben würde.

Auch Sport ist möglich – ungeeignet sind lediglich Kampfsportarten, bei denen der Schrittmacher durch Schläge beschädigt werden könnte, und Tauchen, weil der erhöhte Wasserdruck die Schrittmacherfunktion stören kann. Bei Sportarten mit weit ausholenden Armbewegungen sollte vorher mit dem Arzt besprochen werden, ob bei der individuellen Lage der Schrittmacherelektroden Probleme zu befürchten sind.

Gefahren drohen aber am Arbeitsplatz und beim Heimwerken:

  • Elektrische Ströme von Elektrozäunen oder Steckdosen stören die Herzschrittmachertätigkeit. Auch von (elektro-)magnetischen Feldern größerer Maschinen gehen störende Einflüsse aus. Meiden Sie Umspannungsanlagen und elektrisches Schweißen, Gasschweißen ist unbedenklich. Bohrmaschinen sollten etwa eine Armlänge vom Schrittmacher entfernt gehalten werden. Das gleiche gilt für Kettensägen, Heckenscheren und Rasenmäher. Bei laufendem Motor dürfen sie sich nicht mit dem Oberkörper über die Zündanlage Ihres Autos beugen.
  • Korrekt funktionierende Haushaltsgeräte des täglichen Lebens stören die Schrittmacherfunktion dagegen nicht (z. B. Mikrowelle, Herd, Toaster, Rasierapparat, Fön, Radio, Fernseher, Fernbedienung und schnurloses Telefon). Allerdings sollte der direkte Hautkontakt über dem Schrittmacher auch bei diesen Gerätschaften vermieden werden. Achten Sie beim Kauf neuer elektrischer Geräte auf Angaben des Herstellers zu Sicherheitsabständen bei Schrittmacherträgern. Vergewissern Sie sich bei Induktionsherden, ob die Benutzung des jeweiligen Induktionsherdes für Herzschrittmacher-Träger grundsätzlich gestattet ist bzw. ob vom Hersteller zusätzliche Hinweise für Schrittmacher-Träger gegeben werden.
  • Diebstahlsicherungen an den Ausgängen von Kaufhäusern sollten Sie rasch passieren und dort nicht stehen bleiben. Das eingeschaltete Handy oder Funksprechgerät soll nicht in der Brusttasche über dem Schrittmacher getragen werden, besser sind 20 cm Abstand.
  • Vibrationen, z. B. von Rasenmähern, Heckenscheren, Sägen, Fahren über ein Kopfsteinpflaster oder auch von großen Lautsprecheranlagen, führen mitunter bei Schrittmachern mit automatischer Frequenzanpassung zu schnellerem Herzschlag.
  • Weisen Sie bei ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen auf Ihren Schrittmacher hin, da einige Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen besonders überwacht oder gemieden werden müssen. Das trifft z. B. zu auf Nierensteinzertrümmerer (extrakorporale Stoßwellenlithotripsie), Kernspin, Bestrahlungen von Tumoren, Magnet- und Reizstromtherapie oder die Elektrokoagulation zur Verödung kleiner Blutgefäße. Unbedenklich sind hingegen Röntgen, CT, Szintigrafien oder auch Radaranlagen oder Gewitterblitze.
  • Eine Defibrillation ist im Notfall auch bei Schrittmacherträgern möglich.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Falls Sie regelmäßig Medikamente einnehmen, prüfen Sie, ob Herzrhythmusstörungen als mögliche Nebenwirkung genannt sind. Ansonsten ist eine wirksame Selbsthilfe nur bei zeitweise auftretendem Herzrasen (paroxysmale Tachykardien) möglich: Bis ärztliche Hilfe kommt, kann versucht werden, die Herzfrequenz über das unwillkürliche Nervensystem zu beeinflussen: Manchmal beenden tiefes Einatmen und Luft anhalten, Valsalva-Manöver, das Trinken von kaltem Sprudel, das Abkühlen von Hals und Gesicht mit kaltem Wasser oder eine Massage des Karotissinus, die Tachykardie.

Bei der Massage des Karotissinus (Stelle an der Halsschlagader) ist Vorsicht angebracht. Bei empfindlichen Menschen kann ein Adams-Stokes-Anfall ausgelöst werden. In jedem Fall sollten deshalb Angehörige zugegen sein.

Valsalva-Manöver: Das Valsalva-Manöver kann bei supraventrikulären Tachykardien hilfreich sein: Schlucken Sie und versuchen Sie dann bei geschlossenem Mund und zugehaltener Nase auszuatmen. Dabei sollte es zu einem Druckausgleich über die Ohrtrompete kommen. Da auch der Druck im Brustraum steigt, strömt weniger venöses Blut in die rechte Herzkammer zurück und die Herzaktion verlangsamt sich.

Bewegungstherapie. Leichte sportliche Betätigung ist in den meisten Fällen hilfreich. Vermeiden Sie jedoch Sportarten, die Ihnen körperliche Höchstleistungen abverlangen. Gegebenenfalls bietet sich auch regelmäßiges Training in einer Herzsportgruppe an.

Ernährung. Hinweisen zufolge beeinflusst eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren wie Eicospentaensäure ist, den weiteren Krankheitsverlauf günstig. Da Blähungen Herzrhythmusstörungen begünstigen können, sollten Sie auf stark blähende Lebensmittel verzichten, wenn Sie zu Blähungen neigen.

Komplementärmedizin

Natur- und Komplementärmedizin können die verordneten Herzmedikamente nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Die Behandlung von Herzrhythmusstörungen gehört in die Hände von Fachärzt*innen.

Entspannungsverfahren. Enspannungsverfahren wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga oder Qi Gong können helfen, begleitende vegetative Beschwerden wie Nervosität oder Anspannung abzubauen bzw. auslösende Faktoren wie psychische Erregung, z. B. durch Stressbelastung, zu mildern.

Pflanzenheilkunde. Phytopharmaka sind nur bei leichteren Herzrhythmusstörungen eine Option. Keinesfalls sind sie eine Alternative zu den verordneten chemischen Medikamenten, in manchen Fällen kann jedoch eine Kombination sinnvoll sein. Je nach Ursache und Beschwerdebild kommen verschiedene Heilpflanzen in Betracht, so z. B. Wolfstrappkraut bei Herzrhythmusstörungen als Begleiterscheinung einer Schilddrüsenüberfunktion oder Heilkräuter mit beruhigender Wirkung z. B. Baldrianwurzel, Hopfenzapfen, Melissenblätter, wenn die Herzrhythmusstörungen mit Unruhe- und Spannungszuständen und/oder Schlaflosigkeit verbunden sind.

Dagegen zeichnet sich der Besenginster (Cytisus scoparius, z. B. Spartiol®) durch seine direkte Wirkung auf das Reizleitungssystem aus. Da es bei der Anwendung als Tee durch falsche Dosierung zu Vergiftungserscheinungen kommen kann, werden heute in der Regel Fertigpräparate eingesetzt. Weiter ist Weißdorn für die Behandlung von Herzrhythmusstörungen geeignet. Die Präparate (z. B. Crataegutt Novo 450®) müssen allerdings hoch dosiert sein, um ihre Wirkung zu entfalten.

Wegen der Gefahr einer Blutdruckkrise dürfen Besenginster und MAO-Hemmer zur Behandlung einer Depression nicht gleichzeitig eingenommen werden. Ebenso sind Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen wie ein AV- Block Kontraindikationen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Kardiomyopathien

Kardiomyopathien: Gruppe chronischer Erkrankungen des Herzmuskels, die zu einer Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz) führen und in der Regel zwar behandelbar, aber nicht heilbar sind.

Dilatative und hypertrophische Kardiomyopathie sind die häufigsten Formen. Sie führen zunächst einmal zu den Beschwerden einer Herzinsuffizienz, bedrohlicher ist aber der plötzliche Herztod, der jederzeit durch Herzversagen eintreten kann. Die Behandlung umfasst einfache Entwässerungstabletten (Diuretika), die Unterstützung des Herzens durch einen Herzschrittmacher bis hin zur Herztransplantation, die in schweren Fällen einzig und allein das tödliche Herzversagen abzuwenden vermag.

Symptome und Leitbeschwerden

Zu Beginn:

  • Leistungsschwäche und abnorme Müdigkeit
  • Belastungsluftnot
  • Schwindel
  • Herzklopfen, unregelmäßiger Puls
  • Vermehrtes nächtliches Wasserlassen
  • Geschwollene Beine (Ödeme).

Im fortgeschrittenen Stadium:

  • Schwere Atemnot, auch in Ruhe oder sogar im Liegen
  • Brustschmerzen (ähnlich Angina pectoris)
  • Luftnot mit Rasseln (Wasser auf der Lunge, Lungenödem)
  • Bauchschmerzen (durch Leberstauung).

Wann zum Arzt

Sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus, wenn

  • Sie bei sich Anzeichen erkennen, dass die Herzleistung plötzlich nachlässt – zum Beispiel bei einer anstrengenden Reise oder nach einem Training.

Die Erkrankung

Formen

Da der Begriff Kardiomyopathie eine Gruppe sehr verschiedener Erkrankungen zusammenfasst, lohnt sich der Blick auf die einzelnen Formen:

Der Schlüsselbefund bei der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) ist die Erweiterung, zunächst der linken Herzkammer, im Endstadium auch aller anderen Herzhöhlen. Das Herz zieht sich nur schwach zusammen, seine Wandstärke ist nur geringfügig dicker. Die häufigsten Ursachen sind vorausgegangene Herzmuskelentzündungen oder eine koronare Herzkrankheit. Die Prognose der DCM ist schlecht, die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt nur 20 %. Wenn der Zustand der Patient*in sich durch Medikamente nicht ausreichend bessert, erwägen die Ärzt*innen nicht selten eine Herztransplantation.

Für die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist eine Verdickung der linken Herzkammermuskulatur charakteristisch. Diese Verdickung schränkt den Einstrom des Bluts in die Herzkammer ein. In der Folge dehnen sich die Vorhöfe aus oder die Mitralklappe wird wegen des erhöhten Arbeitsdrucks undicht.

  • Ist die Verdickung asymmetrisch und betrifft besonders die Kammerscheidewand (25 % der Fälle), entsteht eine Ausflussbehinderung der linken Herzkammer (hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie, HOCM). Sie ist die häufigste Todesursache bei jungen Leistungssportlern; die Betroffenen sind oft beschwerdefrei und die Diagnose erfolgt oft nur als Zufallsbefund.
  • Ist die Verdickung gleichmäßig verteilt, fehlt die Ausflussbehinderung (hypertrophische nicht obstruktiven Kardiomyopathie, HNOCM, 75 % der Fälle).

Die seltenere restriktive Kardiomyopathie (RCM) zeichnet sich durch die verminderte Dehnbarkeit der linken Herzkammer aus, z. B. infolge einer Endokarditis. Die Kammerfüllung nimmt ab, dadurch staut sich Blut in die Lungengefäße zurück.

Bei der ebenfalls selteneren arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie (ARCM) lagern sich zunehmend Bindegewebszellen mit Fett in die Herzmuskelschicht der rechten Herzkammer ein. Die rechte Herzkammer erweitert sich und kann das Blut nicht mehr in die Lungen pumpen. Lebensbedrohlich sind in diesem Zusammenhang vor allem Herzrhythmusstörungen.

Ursachen und Risikofaktoren

Kardiomyopathien kommen in allen Altersgruppen vor, auch bei Kindern, Schwangeren und (unerkannt) bei Leistungssportler*innen. Männer sind doppelt so häufig wie Frauen betroffen. Oft entstehen Kardiomyopathien, ohne dass sich eine Ursache finden lässt. Ein Teil der Kardiomyopathien ist erblich und Folge von Mutationen der Herzmuskelzellen, daher häufen sie sich in manchen Familien. Weitere bekannte Ursachen und Risikofaktoren sind:

  • Alkoholmissbrauch (Bayerisches Bierherz)
  • Bluthochdruck
  • Herzinfarkt, Herzklappenfehler, Virusinfektionen des Herzens
  • Autoimmunerkrankungen
  • Kardiotoxische Medikamente (z. B. Doxorubicin)
  • Amyloidose, M. Fabry.

Wie die Aufstellung vermuten lässt, ist bei manchen Kardiomyopathien wie den erblichen Formen das Krankheitsgeschehen auf das Herz beschränkt (primäre Kardiomyopathien), bei den häufigeren sekundären Kardiomyopathien erkrankt der Herzmuskel in Folge eines anderen ursächlichen Krankheitsgeschehen.

Diagnosesicherung

Bei der körperlichen Untersuchung fällt der Ärzt*in häufig eine Stauung der Halsvenen auf. Das Herz schlägt meist schnell, beim Abhören mit dem Stethoskop erkennt die Ärzt*in einen sogenannten 3. Herzton, oft hört er auch Strömungsgeräusche an den Herzklappen.

Wichtigstes Untersuchungsverfahren beim Verdacht auf eine Kardiomyopathie ist die Echokardiografie. Mithilfe dieser Untersuchung kann die Ärzt*in die Muskelbewegungen, die Funktion der Herzklappen und die Pumpfähigkeit des Herzens gut beurteilen. Zur weiteren Abklärung der Ursache veranlasst die Ärzt*in manchmal zusätzlich ein Kernspin oder eine Herzkatheteruntersuchung, z. B. um eine Herzmuskelbiopsie zu gewinnen.

Herzrhythmusstörungen zeigen sich im EKG und ganz besonders im Langzeit-EKG. Um das Ausmaß einer Herzinsuffizienz abzuschätzen, nutzt die Ärzt*in bildgebende Verfahren wie den Bauchultraschall oder das Röntgen und Labortests wie das natriuretische Peptid BNP (siehe Herzinsuffizienz).

Behandlung

Die Therapie richtet sich nach der Art der Kardiomyopathie sowie nach der Schwere der Beschwerden.

Basistherapie

  • Entlastung des Herzens durch körperliche Schonung und Abbau von Übergewicht
  • Verzicht auf Alkohol und auf herzschädigende Medikamente
  • Medikamentöse Behandlung von Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen
  • Verhinderung der Gerinnselbildung in den vergrößerten Herzräumen durch gerinnungshemmende Medikamente wie Heparin oder Marcumar.

Behandlung mit Katheter oder Operation

Um die Herzleistung zu verbessern und die Herzrhythmusstörungen zu bekämpfen, stehen den Ärzt*innen eine Reihe von interventionellen bzw. chirurgischen Verfahren zur Verfügung:

  • Perkutane Koronarintervention (PCI) zur Beseitigung von Engstellen der Herzkranzgefäße
  • Herzklappenoperation zur Behandlung von Herzklappenfehlern (siehe erworbene Herzklappenfehler)
  • Transkoronare Ablation der Septumhypertrophie (TASH) bei HOCM: Hier wird Alkohol in das Herzkranzgefäß gespritzt, das die verdickte Herzscheidewand (Septum) versorgt, und löst so einen künstlichen Infarkt in diesem Bereich aus. In der Folge verringert sich die Muskelmasse und der Abfluss aus der Kammer wird wieder frei
  • Myektomie, d. h. operative Entfernung der vergrößerten Muskelmasse bei HCM mit hochgradiger Ausflussstörung
  • Einpflanzen eines Herzschrittmachers (ICD)
  • Einpflanzen eines Biventrikulären Schrittmachers (Zwei-Kammer-Schrittmacher). Dieser versucht, die zeitlich versetzt schlagenden Herzkammern zu synchronisieren und damit die Herzfunktion zu verbessern. Diese Form der Behandlung wird nur in spezialisierten Herzzentren angeboten
  • Herztransplantation.

Prognose

Der Verlauf einer Kardiomyopathie ist von ihrem Typ, ihrer Behandlung und weiteren Faktoren abhängig.

Bei der dilatativen Kardiomyopathie sterben trotz medikamentöser Therapie 20 % der Patient*innen innerhalb von 10 Jahren nach Diagnosestellung. Häufigste Ursache sind Herzrhythmusstörungen.

Die hypertrophe Kardiomyopathie bleibt oft jahrelang unerkannt und ist die häufigste Ursache für den plötzlichen Herztod bei jungen Menschen.

Wird eine Kardiomyopathie rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt, können Patient*innen ein fast normales Leben führen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Die wichtigste Regel heißt: das richtige Maß finden.

Bewegung mit Maß. Dies bedeutet zum einen, die Balance zu finden zwischen notwendiger körperlicher Schonung und wirksamer Bewegung. Schonen Sie sich nicht mehr, als Sie müssen, und bleiben Sie mitten im Leben. Am besten ist die Teilnahme an einer Herzsportgruppe in Ihrer Nähe.

Ernährung mit Maß. Zum anderen betrifft das Maßhalten das Thema Essen: Übergewicht und Alkohol sind die Todfeinde des bereits stark geschädigten Herzmuskels. Hier ist Maßhalten ein Muss. Viele Ärzt*innen empfehlen zusätzlich auch eine kochsalzarme Ernährung.

Ansonsten gelten dieselben Selbsthilfeempfehlungen wie für die Herzinsuffizienz, beispielsweise

Rauchen aufgeben. Rauchen schädigt die Herzkranzgefäße akut und auf Dauer, zudem verstärkt es die Atembeschwerden. Sie sollten deshalb möglichst bald aufhören; ärztliche Hilfe kann diesen Schritt erleichtern, beispielsweise durch Nichtraucherkurse auf verhaltenstherapeutischer Basis.

Ans Impfen denken. Nutzen Sie die Möglichkeit der jährlichen Grippeschutzimpfung, denn eine Lungenentzündung oder eine andere schwere Infektion kann Sie im wahrsten Sinne des Wortes das Leben kosten.

Vorsicht beim Reisen. Bedenken Sie bei der Urlaubsplanung, dass ein Aufenthalt in großer Höhe sowie heißes, schwüles Klima die Beschwerden einer Herzinsuffizienz verstärken. Ab einem gewissen Grad der Herzschwäche sind auch Flugreisen nicht unproblematisch.

Prävention

Wenn in Ihrer Familie ein plötzlicher Herztod bei einem jüngeren Familienmitglied aufgetreten ist, gehen Sie zum Arzt, um eine erblich bedingte Kardiomyopathie auszuschließen.

| Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Koronare Herzkrankheit (KHK) und stabile Angina pectoris

Koronare Herzkrankheit (KHK, Koronare Herzerkrankung): Verengung oder Verschluss von Herzkranzarterien durch fortschreitende Arteriosklerose mit Verfettung, Verkalkung und Verdickung der Gefäßwände. Dadurch kommt es im Herzmuskel wegen ungenügender Blutversorgung immer wieder zu einer Mangeldurchblutung (Ischämie) mit Angina pectoris. Unbehandelt oder unerkannt geht die KHK in das akute Koronarsyndrom mit Herzinfarkt und plötzlichem Herztod über. In allen Industriestaaten ist die KHK die führende Todesursache. In Deutschland erkranken etwa 30 % aller Männer und 15 % aller Frauen im Laufe ihres Lebens daran. Entscheidend für die Verhinderung von Herzinfarkt und Herztod sind Änderungen des Lebensstils und die konsequente Behandlung von Begleiterkrankungen. Daneben versuchen die Ärzte, die mangelhafte Durchblutung der Herzkranzgefäße mit gefäßerweiternden Medikamenten, Herzkatheter oder Bypass-Operation zu verbessern.

Angina pectoris (wörtlich "Brustenge", korrekter wäre "Herzenge"): Anfälle von Enge und Druckgefühl im Brustkorb, die Angst erzeugen und mit Atemnot und Schmerzen verbunden sind. Das sind die typischen Beschwerden bei KHK, die durch ungenügende Blutversorgung des Herzmuskels zunächst nur unter Belastung entstehen. Treten Angina-pectoris-Anfälle auch in Ruhe auf, spricht man von instabiler Angina pectoris, ihre Therapie wird beim Herzinfarkt behandelt.

Häufiger als das rasche Voranschreiten der Angina pectoris zum akuten Koronarsyndrom ist das jahrelange Bestehen der KHK als chronische koronare Herzkrankheit (chronische KHK). Bei dieser kommt es nur bei größeren körperlichen Anstrengungen relativ berechenbar zu Herzschmerzen, die in Ruhe oder nach Medikamentengabe wieder verschwinden. Sie ist nicht unmittelbar lebensbedrohend.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anfallsartige brennende Schmerzen oder Druck- und Engegefühl hinter dem Brustbein oder im linken Brustkorb
  • Oft Ausstrahlung der Schmerzen in Richtung Hals, Unterkiefer, linke Schulterblätter, Arme oder in den Oberbauch
  • Schmerzauslösung durch körperliche Anstrengung, Aufregung, reichliches Essen oder beim Aufenthalt in großer Kälte
  • In Einzelfällen auch schmerzlos, z. B. bei langjährigen Diabetikern oder durch Schmerzen an anderer Stelle auffallend.

Wann zum Arzt

Heute noch, wenn

  • Angina pectoris plötzlich bei geringer Belastung oder nachts auftritt.
  • es immer häufiger zu Angina-pectoris-Anfällen kommt und mehr Nitrospray gebraucht wird.
  • bei körperlicher oder psychischer Belastung oder bei Kälte erstmals kurzzeitig ein Druck- oder Engegefühl in der Herzgegend entsteht.

Sofort den Notarzt rufen, wenn

  • erstmals minutenlang anhaltende, brennende Schmerzen, Druck- oder Engegefühl im Brustkorb auftreten.
  • bei bekannter koronarer Herzkrankheit eine Ihnen bereits vertraute Angina-pectoris-Symptomatik trotz körperlicher Ruhe (Hinsetzen) länger als 20 Minuten anhält.
  • Nitrate nicht innerhalb von 5 Minuten zu einer deutlichen Besserung führen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Durch den Bewegungsmangel im Alltag und Alterungsvorgänge beginnen sich die Herzkranzarterien meist schon in jungen Jahren langsam zu verändern. Die ursprünglich glatten, elastischen Herzkranzgefäße werden durch zunehmende Fetteinlagerungen und Verkalkungen der Gefäßwände uneben, starr und verletzlich (siehe auch Arteriosklerose). Dadurch sinkt die Sauerstofftransportleistung der Herzkranzarterien. In Ruhe macht sich die Minderdurchblutung zunächst nicht bemerkbar. Beim Treppensteigen, Sport oder anderen Belastungen mit erhöhtem Sauerstoffbedarf kommt es jedoch zum Sauerstoffmangel mit den typischen Angina-pectoris-Beschwerden wie Schmerzen und Luftnot.

Ausstrahlung von Angina-pectoris-Schmerzen

Ausstrahlung von Angina-pectoris-Schmerzen

Einige wenige Patienten, vor allem Diabetiker, verspüren bei Durchblutungsstörungen des Herzens keine oder nur geringe Angina-pectoris-Zeichen. Dies wird dann als stumme Ischämie bezeichnet.

Risikofaktoren

Einige Risikofaktoren für koronare Herzkrankheiten können wir nicht beeinflussen. So tritt die KHK häufiger bei Menschen auf, deren Eltern oder Geschwister bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben. Dies weist auf eine genetische Mitursache hin. Auch mit zunehmendem Lebensalter steigt das KHK-Risiko. Männer sind gefährdeter als Frauen, sie entwickeln eine KHK durchschnittlich 10–15 Jahre früher. Frauen sind bis zu den Wechseljahren für Arteriosklerose weniger anfällig, wenn nicht andere Risikofaktoren hinzukommen.

Beeinflussbare Faktoren. Mehr als von den Genen hängt die Entwicklung einer KHK vom Lebensstil und den Ernährungsgewohnheiten ab. Diese Faktoren bestimmen zu 80 %, ob eine KHK entsteht. Die gute Nachricht ist also: die KHK ist in einem hohen Maße vermeidbar. Zu den wichtigsten Beschleunigern einer KHK gehören vor allem

  • Rauchen
  • Geringe körperliche Aktivität
  • Fett- und kalorienreiche, aber ballaststoffarme Ernährung
  • Übergewicht
  • Erhöhter Alkoholkonsum
  • Stress sowie die damit oft verbundenen Folgekrankheiten

  • Bluthochdruck
  • Diabetes
  • Fettstoffwechselstörung.

Inzwischen ist auch bekannt, dass der in vielen Fertiggerichten versteckte Zucker das Risiko für eine KHK erhöht. Überschüssigen Zucker verwandelt der Körper nämlich gerne in Fette, und zwar in Triglyceride. Menschen, die viele industriell gefertigte Lebensmittel essen, haben deshalb erhöhte Blutfettwerte und in der Folge ein größeres Arteriosklerose-Risiko.

Schweregrade

Erst wenn Fett- und Kalkablagerungen den ursprünglichen Durchmesser eines Herzkranzgefäßes um mindestens 50 % eingeengt haben, spricht der Kardiologe von einer KHK. Ab einer Gefäßverengung (Stenose) von etwa 70 % nimmt der Blutfluss im betroffenen Gefäß stark ab. Dies wird dann als hochgradige oder kritische Herzkranzgefäßverengung (Koronarstenose) bezeichnet.

Die rechte und die linke Koronararterie verzweigen sich mehrfach nach ihrem Abgang aus der Aorta. Abgangsnahe Gefäßeinengungen haben deshalb viel schwerwiegendere Auswirkungen auf die Herzmuskeldurchblutung als Verengungen kleinerer Endgefäße, die durch Nachbargefäße leichter umgangen werden können.

Klinik

Selbst bei hochgradig verengten Herzkranzgefäßen kommt es oft erst unter Belastung zu einer Minderdurchblutung des Herzens, weil erst dann gesunde Nachbargefäße den steigenden Blutbedarf nicht mehr ausgleichen können. Im Herzmuskel entsteht ein Sauerstoffmangel mit charakteristischen Angina-pectoris-Beschwerden wie Schmerzen, Brustenge und Luftnot. Nach Abbruch der Belastung sinkt der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels, sodass die vorhandene Blutversorgung wieder ausreicht und die Angina pectoris abklingt.

Wenn Schmerzen im Brustkorb nur während erhöhter Leistungsanforderungen an das Herz auftreten und nach Einnahme von Nitrospray oder bei körperlicher Schonung immer wieder abklingen, wird dies als stabile Angina pectoris (Belastungsangina) bezeichnet. Die Beschwerden bleiben zunächst oft über Jahre hinweg gleich, ohne dass sich die Durchblutung weiter verschlechtert. Dass sich dieser Zustand einer stabilen Verengung der Herzkranzgefäße nicht zu einem akuten Koronarsyndrom weiterentwickelt, ist Ziel aller im Folgenden beschriebenen medikamentösen, nicht medikamentösen, invasiven oder operativen Maßnahmen.

Die Klassifikation der Canadian Cardiovascular Society (CCS) teilt die Angina pectoris in vier Schweregrade (CCS-Stadien) ein.

  • CCS I: Keine Angina pectoris unter Alltagsbelastungen wie Laufen oder Treppensteigen, jedoch bei sehr hohen oder längeren Anstrengungen wie Schneeräumen oder Dauerlauf
  • CCS II: Angina pectoris bei stärkeren Anstrengungen wie schnelles Treppensteigen, Bergaufgehen oder bei psychischen Belastungen
  • CCS III: Angina pectoris bei leichter körperlicher Belastung wie An- und Ausziehen, normalem Gehen oder leichter Hausarbeit
  • CCS IV: Angina pectoris nach wenigen Schritten oder bereits in Ruhe.

Sonderformen

Zu den Sonderformen zählt die Vasospastische Angina, nach dem Namen des ersten Beschreibers auch Prinzmetal-Angina genannt. Hier beruht die Angina pectoris auf einer vorübergehenden Verkrampfung der Herzkranzgefäße (Koronarspasmus). Typischerweise treten die Beschwerden hier in Ruhe auf und lassen sich durch körperliche Belastung nicht provozieren. Das Auftreten von Koronarspasmen wird mit der Gabe von Kalziumantagonisten und Nitratpräparaten reduziert.

In seltenen Fällen können bei bestehender KHK auch Erkrankungen wie Blutarmut (Anämie), Schilddrüsenüberfunktion oder eine fieberhafte Infektion die Belastung des Herzens so steigern, dass Angina pectoris auftritt.

Diagnosesicherung

Am Anfang bittet der Arzt den Patienten um detaillierte Angaben zur Art der Beschwerden, zu Vorerkrankungen und einer möglichen familiären Neigung für eine KHK. Dem schließen sich eine körperliche Untersuchung, ein Ruhe-EKG und eine Blutabnahme an. Das Belastungs-EKG deckt höhergradige Herzkranzgefäßverengungen zu etwa 70–80 % auf.

Sind mit diesen Untersuchungen keine zuverlässigen Aussagen möglich und besteht weiter Verdacht auf eine KHK, kommen Stressechokardiografie, Myokardszintigrafie oder Stresskernspin in Frage. Die Wahl der Untersuchungsmethode hängt dabei auch von den Möglichkeiten vor Ort ab.

Mit Hilfe der Koronarangiografie untersuchen die Ärzte die Herzkranzgefäße direkt. Dafür leiten sie über einen Herzkatheter Röntgenkontrastmittel in die Herzkranzgefäße und machen diese mitsamt eventueller Verengungen durch Röntgenstrahlen sichtbar. Dadurch erkennen die Ärzte das Ausmaß der koronaren Herzkrankheit und ob ein interventionelles Verfahren (Erweiterung der Engstelle oder eine Stenteinlage) oder eine Bypass-Operation erforderlich ist. Hochgradige Verengungen der Herzkranzgefäße dehnen die Ärzte bereits während der Untersuchung mit einem Ballon auf. Wenn gleichzeitig mehrere Koronargefäße befallen sind oder die Engstelle ungünstig liegt, raten sie zu einer Bypass-Operation (siehe unten).

Prinzmetal-Angina. Ob eine Neigung zu Koronarspasmen besteht, ermittelt der Arzt mit dem Acetylcholintest (ACh-Test). Dazu spritzt er über einen Infusionskatheter den körpereigenen Neurotransmitter Acetylcholin (ACh) in verschiedenen Dosierungen in das zu untersuchende Herzkranzgefäß. Gesunde Herzkrankgefäße weiten sich dabei zunehmend auf. Bei erkrankten Gefäßen kommt es dagegen nach Einspritzen des Mittels zu einem Koronarspasmus (Gefäßkrampf).

Differenzialdiagnosen. Wichtigste Differenzialdiagnose ist der Herzinfarkt. Aber auch andere Erkrankungen führen zu Schmerzen in der Brust, z. B. die Lungenembolie, das Aortenaneurysma, Lungenentzündung, Rippenfellentzündung und Ulkuskrankheit. Gegen eine zugrunde liegende Durchblutungsstörung des Herzens sprechen Brustschmerzen, die nur für Sekunden anhalten, sich durch Atemmanöver oder eine Änderung der Körperhaltung beeinflussen lassen oder durch Abtasten des Brustkorbes ausgelöst wurden.

Behandlung

Ziel der Behandlung ist es, die Beschwerden zu lindern und einem Herzinfarkt vorzubeugen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist ein gesunder Lebensstil, vor allem der Verzicht auf das Rauchen und das Verringern anderer vermeidbarer Risikofaktoren (siehe unten, Ihr Apotheker empfiehlt). Hat der Patient einen Diabetes, einen Bluthochdruck oder eine Fettstoffwechselstörung, muss der Arzt diese Erkrankung engmaschig kontrollieren und behandeln. Darüber hinaus therapieren die Ärzte die stabile KHK mit Medikamenten allein oder in Kombination mit interventionellen Verfahren (Ballondilatation, Stenteinlage) bzw. einer Bypass-Operation.

Pharmakotherapie

Eine lebenslange medikamentöse Therapie findet immer statt – sei es als Nachsorge nach Bypass, Ballondilatation oder Stenteinlage oder weil der Patient eine Herzkatheteruntersuchung ablehnt bzw. sein Allgemeinzustand dagegen spricht. Die Behandlung zielt in jedem Fall darauf ab, das Fortschreiten der Koronarerkrankung zu bremsen und Folgekomplikationen wie Herzinfarkt vorzubeugen.

  • Thrombozytenhemmer (Plättchenhemmer). In krankhaft veränderten Herzkranzarterien ist die Gerinnungsbereitschaft des Bluts erhöht. Um in den Herzkranzgefäßen die Bildung von Blutgerinnseln und damit einen Herzinfarkt zu verhindern, bekommen alle KHK-Patienten im Rahmen der medikamentösen Therapie lebenslang Thrombozytenhemmer. Als Basismedikation eignet sich für alle KHK-Patienten Acetylsalicylsäure (ASS) in einer niedrigen Dosierung von 100 mg/Tag (ab einer Dosierung von 150mg/Tag besteht ein erhöhtes Risiko für innere Blutungen). Der Wirkstoff Clopidogrel reduziert bei Patienten mit atherothrombotischer Gefäßerkrankung (wozu auch die stabile KHK zählt) Folgekomplikationen etwas stärker als ASS. Weitere neue Thrombozytenhemmer sind Prasugrel und Ticagrelor.
  • Betablocker wie z. B. Metoprolol, Atenolol, Bisoprolol oder Carvedilol mildern die Wirkung der Stresshormone und senken so Blutdruck, Herzfrequenz und den Sauerstoffbedarf des Herzens. Betablocker sind Standardmedikation bei KHK. Dass sich Betablocker günstig auf die Prognose auswirken, ist vor allem in der Nachsorge nach Herzinfarkt belegt.
  • Statine (CSE-Hemmer) wie z. B. Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin beeinflussen den Fettstoffwechsel, indem sie den Cholesterinspiegel senken. Bei allen KHK-Patienten liegt der Zielwert des LDL-Cholesterins bei 100 mg/dl. Ist das kardiovaskuläre Risiko sehr hoch, kann es angebracht sein, das LDL-Cholesterin noch stärker auf einen Wert von 70 mg/dl zu senken. Führen Statine nicht zu einer ausreichenden Senkung der Blutfette, verordnen die Ärzte zusätzlich Colestyramin oder Ezetimib. Fibrate wie z. B. Bezafibrat sind eine Option, wenn der Patient Statine nicht verträgt.
  • ACE-Hemmer hemmen das Renin-Angiotensin-System, das u. a. den Blutdruck reguliert. Besonders gut eignen sie sich für KHK-Betroffene, die unter Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Herzinsuffizienz, linksventrikulärer Dysfunktion oder Diabetes mellitus leiden. Bei Patienten mit KHK und eingeschränkter systolischer linksventrikulärer Funktion, die einen ACE-Hemmer nicht vertragen, verordnen die Ärzte AT1-Rezeptorantagonisten.
  • Nitrate wie z. B. Glyceroltrinitrat, Isosorbiddinitrat, Isosorbidmononitrat verringern den Sauerstoffbedarf des Herzens, indem sie die Blutgefäße erweitern, damit die Belastung des Herzens reduzieren und gleichzeitig die Durchblutung des Herzens durch Erweiterung der Herzkranzgefäße verbessern. Nitrate gibt es nicht nur als Tabletten und Kapseln, sondern auch als Pflaster und Salbe. Bei regelmäßiger Nitrateinnahme muss das Medikament so dosiert werden, dass der Nitratspiegel im Blut schwankt (z. B. Nitrat-Pause am Abend), weil sonst ein Gewöhnungseffekt eintritt und die Wirksamkeit nachlässt. Werden Nitrate in Form rasch wirksamer Sprays oder Zerbeißkapseln eingenommen, führen sie innerhalb von 1–5 Minuten zur Beschwerdelinderung, auch bei bereits bestehender Nitratlangzeittherapie. Sie sind daher hervorragend zur Behandlung eines Angina-pectoris-Anfalls geeignet. Hier ist kein Gewöhnungseffekt zu befürchten. Kurz wirksame Nitrate können bei stabiler Angina pectoris auch vorbeugend eingenommen werden, um erwartete Beschwerden bei bestimmten Belastungen zu verhüten.
  • Kalziumantagonisten (Kalziumkanalblocker) wie z. B. Nifedipin, Diltiazem oder Verapamil senken den Blutdruck und bewirken eine Weitstellung der Herzkranzgefäße. Ihnen wird eine besondere Wirksamkeit bei der Behandlung der vasospastischen Angina zugesprochen. Einige Wirksubstanzen führen zusätzlich zur Senkung der Herzfrequenz.
  • Ivabradin und Ranolazin gelten als Reservemedikamente zur Weitstellung der Koronargefäße, wenn die Therapie mit Betablockern oder Kalziumantagonisten nicht ausreicht oder die Medikamente nicht vertragen werden.
  • Aldosteronantagonisten wie der Wirkstoff Eplerenon ist angeraten bei Patienten, die unter einer linkventrikulären Dysfunktion und Herzinsuffizienz nach Herzinfarkt leiden.

Interventionelle Verfahren über den Herzkatheter

Der Herzkatheter kommt nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch zum Einsatz: Bei der Gefäßaufdehnung (Koronardilatation, Ballondilatation, Ballonangioplastie) führt der Arzt einen speziellen Herzkatheter, an dessen Spitze sich ein zusammengefalteter Ballon (Ballonkatheter) befindet, in die verengte Arterie ein. Wenn er Flüssigkeit in den Ballon spritzt, entfaltet sich dieser und nimmt die Größe des ursprünglichen Gefäßdurchmessers an. Alles Material, das in die Herzkranzarterie ragt und sie verengt, wird dadurch in die Gefäßwand hineingedrückt und verteilt sich dort. Die Verengung ist damit beseitigt. Dieses Verfahren wird beim Herzen als PCI (Perkutane Coronare Intervention) oder auch PTCA (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie) bezeichnet. Die Gefahr tödlicher Komplikationen während der Behandlung liegt unter 1 % und hängt in erster Linie ab vom Allgemeinzustand, von Begleiterkrankungen und von bereits bestehenden Herzschäden. Die PCI ist die erste Therapieoption bei akuten Herzinfarkten sowie bei weniger komplexen Verengungen von ein oder zwei Herzkranzgefäßen noch ohne akuten Herzinfarkt.

Stents. Manchmal reißen die oberflächlichen Gefäßschichten bei der Aufdehnung ein und verschließen dann das Gefäß. Dieser Gefahr begegnet der Arzt mit dem Einsetzen von Gefäßstützen, Stents. Ein Stent ist ein feines röhrenförmiges Metallgeflecht, das den zusammengefalteten Ballon an der Spitze des Katheters umgibt. Mit dem Entfalten des Ballons vergrößert sich auch der Stent und wird in die Gefäßwand hineingedrückt. Während der Ballon wieder zusammengefaltet und entfernt wird, behält der Stent seine Größe dauerhaft bei und bleibt im Herzkranzgefäß zurück. So hält er das Gefäß offen und verhindert in den allermeisten Fällen, dass sich ein Riss in der Herzkranzarterie zu einem Gefäßverschluss weiterentwickelt. Treten weitere Komplikationen auf, wird jedoch eine sofortige Bypassoperation notwendig.

Rezidivprophylaxe. Leider ist durch das Aufdehnen mit dem Ballonkatheter die Verengung nicht dauerhaft beseitigt. Bei etwa einem Drittel bilden sich an den behandelten Stellen erneut Verengungen (Rezidivstenosen), meist schon innerhalb des ersten halben Jahres. Auch der Einsatz von Stents senkte die Anzahl von Rezidivstenosen nur wenig. Deshalb wurden spezielle Stents (Cypher-Stents, Drug eluting Stents) entwickelt, die mit einem wachstumshemmenden Medikament, Zytostatikum, beschichtet sind. Diese Medikamente sollen verhindern, dass sich im Bereich der Engstelle neue Zellen bilden, die zu einer erneuten Stenose führen würden.

Bypass-Operation

Die koronare Bypass-Operation ist die empfohlene Behandlungsform bei

  • Zustand nach Herzinfarkt und weiterbestehender Angina pectoris
  • Eingeschränkter Herzleistung
  • Mehreren und komplex verengten Herzkranzgefäßen.

Dabei leitet der Herzchirurg das Blut durch eine künstlich geschaffene Gefäßverbindung, den Bypass, an der Engstelle vorbei. Diese Umgehungsgefäße werden vorher an anderen Körperstellen entnommen. Als Bypassgefäße bieten sich gesunde oberflächliche Beinvenen an, die ohne großen Aufwand verfügbar sind und zwischen Hauptschlagader und Herzkranzgefäß eingesetzt werden (Aortocoronarer Venenbypass oder ACVB). Aber auch Arterien des Unterarms können als Bypassgefäße verwendet werden, wenn durch vorherige Untersuchungen gesichert ist, dass die Durchblutung der Hand gewährleistet bleibt (Arteria-radialis-Bypass).

Eine weitere Bypassvariante ist eine Verbindung der stenosierten Herzkranzarterie mit Arterien der Brustwand: Mammaria-interna-Bypass (abgekürzt: MCB, Rechter- und Linker-Arteria-mammaria-interna-Bypass, abgekürzt RIMA- und LIMA-Bypass). Diese Brustwandarterien bleiben mit ihrem eigentlichen Blutkreislauf weiter verbunden und geben Blut in die Herzkranzgefäße ab.

Welche Möglichkeiten für den einzelnen Patienten in Frage kommen, entscheidet der Herzchirurg je nach Einzelfall. Nicht bei jedem Menschen sind alle denkbaren Bypassgefäße gleich gut ausgebildet und verwertbar, oft sind auch mehrere verschiedene Bypässe erforderlich.

Der Eingriff. Bei einer Bypass-Operation muss der Brustkorb geöffnet werden. Dazu sägt der Operateur das Brustbein der Länge nach mittig durch. Nur selten sind weniger ausgedehnte, minimal-invasive Operationen möglich. In den meisten Fällen übernimmt während der Operation eine Herz-Lungen-Maschine die Arbeit des Herzens, sodass der Chirurg den erforderlichen Eingriff am ruhenden Herzen vornehmen kann. Nach Abschluss der Operation wird das zersägte Brustbein mit Drahtumschlingungen fixiert, sodass es innerhalb von 6–8 Wochen wieder fest zusammenwächst. Nachdem die Herz-Lungen-Maschine abgeschaltet wurde, schlägt das Herz durch einen Elektroschock wieder selbst.

Risiken. In Deutschland werden jährlich etwa 50 000 Bypass-Operationen durchgeführt. Das Operationsrisiko hängt wesentlich vom Alter, von der aktuellen Pumpleistung des Herzens und von den Begleitumständen (Notoperation, wiederholter Eingriff, zusätzliche Erkrankungen) ab. Bei bis zu 3 % der Operationen muss mit ernsten Komplikationen wie einem Schlaganfall oder Herzinfarkt gerechnet werden, etwa 1–2 % der Patienten überleben die Operation nicht.

Studien ergaben, dass verheiratete Menschen nach einer Bypass-Operation größere Überlebenschancen haben als Alleinstehende, da der Partner die Rolle des Pflegers übernimmt. Besonders bei Rauchern hat sich gezeigt, dass der Partner strikt auf die Einhaltung des ärztlich verordneten Rauchverbots achtet. Patienten, die sich in einer glücklichen Beziehung befinden, sind motivierter, schnell wieder gesund zu werden, und achten deswegen besonders auf ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung.

Nachsorge. Verläuft eine Bypass-Operation ohne Komplikationen, kann der Operierte nach 3 Tagen mit krankengymnastischer Hilfe auf dem Gang herumgeführt werden und seine Gehstrecke danach täglich steigern. In der zweiten Woche nach der OP wird der Patient meist bereits wieder entlassen. Oft schließt sich ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer Reha-Klinik an. Hier wird die körperliche Leistungsfähigkeit durch zunehmende Belastungen auf dem Fahrradergometer und durch Spaziergänge gesteigert. Abhängig vom Heilungsprozess des zersägten Brustbeins kann nach 5–6 Wochen auch mit einem Schwimmtraining und umfangreicheren gymnastischen Übungen begonnen werden. 3 Monate nach der Bypass-Operation sind die Operationsfolgen meist überwunden und der Patient kann wieder ins Berufsleben zurückkehren oder Urlaubsreisen planen.

Nach einer Bypass-Operation sollte einmal im Jahr ein Belastungs-EKG durchgeführt werden, um möglicherweise erneut entstandene Durchblutungsstörungen des Herzens rechtzeitig zu entdecken. Die Langzeitergebnisse bei arteriellen Bypässen sind grundsätzlich besser als bei Venen. So ist nach 10 Jahren etwa die Hälfte der Venen-Bypässe nicht mehr funktionstüchtig, während ein Großteil der arteriellen Bypässe weiterhin durchgängig ist. Nicht jeder Bypassverschluss, der sich im Laufe der darauffolgenden Jahre einstellt, muss zwingend mit ernsten gesundheitlichen Problemen einhergehen. Häufig reicht eine Gefäßaufdehnung; eine erneute Operation muss nur selten erfolgen.

Die Haltbarkeit eines Bypasses hängt ganz entscheidend auch davon ab, wie jeder Einzelne seine beeinflussbaren Risikofaktoren anerkennt und verringert. Denn die Ursache der Bypass-Operation, die KHK, ist durch die Operation nicht beseitigt worden.

Prognose

Bei einem Drittel der KHK-Patienten macht sich die koronare Herzkrankheit mit einem Herzinfarkt bemerkbar, der in 30 % der Fälle nicht überlebt wird. 25 % der Patienten mit stabiler Angina pectoris erleiden innerhalb von 5 Jahren einen Herzinfarkt.

Nach einer Bypass-Operation hängt die Prognose auch davon ab, aus welchem Material der Bypass ist: Nach 10 Jahren ist jeder 2. venöse, aber nur jeder 10. arterielle Bypass wieder verengt.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Wenn Sie die Diagnose KHK bereits erhalten haben, können Sie mit diesen Einzelmaßnahmen wissenschaftlich gesichert den Weg Richtung Herzinfarkt umkehren:

Rauchen. Das Rauchen aufzugeben ist die wichtigste und wirksamste Einzelmaßnahme. Denn: Raucher haben nicht nur vermehrt Fettablagerungen in den Arterien, ihr Blut neigt auch zur Gerinnselbildung, den sogenannten Thrombosen. Näheres hierzu siehe bei den Tipps zur Nikotinersatztherapie.

Ernährung. In Ländern, in denen Fette und Öle, überwiegend ungesättigte Fettsäuren, und ballaststoffreiche Kost mit viel Gemüse und Obst konsumiert werden, ist das KHK-Risiko um 50 % niedriger als bei uns. Bevorzugen Sie deshalb eine kalorienarme, fettarme, ballaststoffreiche Ernährung, die reich an Früchten, Gemüse und Kohlenhydraten ist und mehr ungesättigte als gesättigte Fettsäuren enthält. Ideal ist z. B. die mediterrane Ernährung.

Gewichtsnormalisierung. Vor allem dann, wenn Sie zu einer androiden Fettverteilung, "Apfeltyp", neigen, ist ihr Herz gefährdet. Am Bauchumfang lässt sich abschätzen, ob eine gefährliche Fettverteilung im Körper vorliegt. Bei Frauen beginnt ein erhöhtes Risiko ab einem Bauchumfang von 80 cm, bei Männern ab 94 cm. Ziel sollte ein BMI (Body Mass Index) von unter 25 sein. Versuchen Sie diesen Wert langsam in 6–12 Monaten zu erreichen und dann zu halten.

Nahrungsergänzungsmittel. Der vermehrten Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren wird ein günstiger Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf zugesprochen. Omega-3-Fettsäuren, besonders die Eicosapentaensäure, sind reichlich in (Kaltwasser-)Meeresfischen (z. B. Sardinen, Heringen, Sardellen, Lachsen und Makrelen) vorhanden. Empfohlen werden etwa zwei Fischmahlzeiten pro Woche. Ob sich Omega-3-Fettsäuren in Kapselform günstig auswirken, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Wichtig ist bei einer Prävention mit Fischölkapseln, diese zur Hauptmahlzeit einzunehmen, da die Fettsäuren sonst nicht aufgenommen werden. Alpha-Linolensäure (eine weitere Omega-3-Fettsäure) kommt vor allem in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Walnüssen, Mandeln, grünem Blattgemüse (z. B. Spinat, Ruccola, Portula), Bohnen, Linsen, Petersilie, Leinsamen und pflanzlichen Ölen vor, z. B. in Leinöl, Rapsöl, Walnussöl, Sojaöl, Weizenkeimöl oder Senföl.

Die Gabe von Hormonen, z. B. im Rahmen der Hormonersatztherapie der Frau, hat keinen gesicherten positiven Effekt für die Vermeidung einer koronaren Herzkrankheit.

Alkohol. In Deutschland wird häufig zu viel Alkohol getrunken. Mäßiger Alkoholkonsum (bei Männern unter 20 g, bei Frauen unter 12 g Alkohol täglich) schadet dem Herzen und der Leber nicht. 20 g Alkohol entsprechen etwa 0,5 l Bier oder 0,25 l Wein. Manche Studien sprechen geringen Alkoholmengen sogar eine Senkung des KHK-Risikos zu. Bei höheren Alkoholmengen steigt das Risiko für eine KHK wieder. Darüber hinaus begünstigt Alkohol die Entstehung des "bayerischen Bierherzen", das erstmals bei den biertrinkenden Bayern beschrieben wurde (= dilatative Kardiomyopathie). Bei höhergradig eingeschränkter Pumpfunktion sollte ganz auf Alkohol verzichtet werden.

Bewegung. Bewegen Sie sich im Alltag zu wenig, so nehmen Sie sich die Zeit, an jedem Tag mindestens 30 Minuten körperlich aktiv zu sein. Aber auch dreimal pro Woche 30 Minuten sind schon wesentlich besser als nichts.

  • Ideal sind regelmäßige Ausdauerbelastungen wie zügiges Gehen, Joggen, Wandern, Radfahren, Skilanglauf, Eislaufen, Inline-Skaten, Schwimmen, Tanzen, Fußball, Tennis, Golf und ähnliches – alles in einer mittleren Intensität, erkennbar daran, dass Sie sich dabei noch unterhalten können.
  • Zu Hause bietet sich ein Heimtrainer oder ein Laufband an, so können Sie z. B. auch während des Fernsehens trainieren.
  • Im Alltag können Sie sich Bewegung verschaffen, indem Sie auf die Benutzung von Rolltreppen und Aufzügen verzichten, das Auto 10 Minuten vor dem Ziel parken oder entsprechend früher aus öffentlichen Verkehrsmitteln aussteigen oder überhaupt gleich zu Fuß oder mit dem Fahrrad Besorgungen erledigen oder zur Arbeit kommen.

Begleiterkrankungen. Legen Sie als Diabetiker oder Bluthochdruckpatient großen Wert auf eine normnahe Einstellung von Blutzucker und Blutdruck.

Reisen und Freizeit. Wie stark Sie sich als KHK-Patient belasten dürfen, hängt vom individuellen Herzbefund ab. Besprechen Sie deshalb vorher mit Ihrem Haus- oder Facharzt, ob Sie sich Aufenthalte im Hochgebirge, Schwimmen im kalten Wasser, Winterurlaub mit Minustemperaturen, Skifahren oder Schneeräumen zumuten können. Als Grundregel gilt: Wenn Sie mehr als 100 Watt über längere Zeit beschwerdefrei auf dem Fahrradergometer absolvieren können, dürfte es für Sie kaum Einschränkungen geben.

Die Sauna können Sie in der Regel besuchen, wenn Sie auf dem Ergometer wenigstens 75 Watt beschwerdefrei treten können und nicht unter Herzrhythmusstörungen leiden. Bleiben Sie aber in einem Temperaturbereich um 80 °C und kühlen Sie sich anschließend langsam ab, da das plötzliche Eintauchen in kaltes Wasser das Herz unnötig stark belastet.

Geeignete Medikamente

Cholesterinsenkung. In Ausnahmefällen wird zur Verhinderung einer KHK auch zur vorbeugenden Einnahme von cholesterinsenkenden Medikamenten geraten.

  • Bei fehlenden Risikofaktoren für eine KHK wird Männern ab dem 35. Lebensjahr und Frauen nach den Wechseljahren eine medikamentöse Therapie mit Statinen empfohlen, wenn der LDL-Cholesterinwert trotz nichtmedikamentöser Maßnahmen über 190 mg/dl liegt.
  • Liegen wenigstens 2 der Risikofaktoren vor (Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen, HDL-Cholesterin unter 35 mg/dl, erhöhtes Lebensalter: Männer älter als 45 Jahre, Frauen älter als 55 Jahre oder familiäre Neigung für eine KHK) so kann bereits ab einem LDL-Cholesterinwert von 160 mg/dl medikamentös mit Statinen behandelt werden, wenn diätetische Maßnahmen keinen Erfolg bringen.

Nitrospray. Führen Sie stets ein schnell wirksames Nitrat (z. B. als Nitrospray, Nitrolingual®) mit sich und sprühen Sie zwei Hübe unter die Zunge, sobald Angina pectoris auftritt. Wenn Sie Ihre Belastungsgrenzen gut kennen, können Sie Nitrospray auch vorbeugend vor belastenden Tätigkeiten anwenden. Nitrate senken nebenbei auch den Blutdruck. Ist Ihr Blutdruck niedrig, müssen Sie daher mit Schwindel oder Kreislaufschwäche rechnen.

Wenn Sie unter Nitrattherapie Kopfschmerzen bekommen, so wird diese Nebenwirkung bei fortgesetzter Einnahme mit der Zeit oft schwächer. Alternativ kann auf einen Ersatzwirkstoff (Molsidomin) ausgewichen werden.

Verhütung. Die "Pille" als östrogenhaltige Empfängnisverhütung ist bei KHK ungeeignet, weil das Herzinfarktrisiko damit erheblich zunimmt. Erst recht gilt dies für Raucherinnen. Sowohl die Hormone als auch viele Stoffe im Zigarettenrauch führen zu einer Eindickung des Bluts. Siehe Alternativen der Verhütungsmethoden.

Komplementärmedizin

Der Verlauf einer stabilen KHK lässt sich mit komplementärmedizinischen Therapien oft günstig beeinflussen. Am besten greifen sie, wenn gleichzeitig auf eine gesündere Lebensführung geachtet wird. Zur Behandlung einer akuten Angina pectoris sind sie dagegen nicht geeignet.

Mind-Body-Therapien. Mind-Body-Therapien zielen darauf ab, über eine neurophysiologische "Umprogrammierung" des Gehirns zu lernen, Stressbelastungen abzubauen und so deren schädliche Einflüsse auf das Herz-Kreislauf-System zu minimieren. Das Spektrum reicht von Einzelverfahren wie Biofeedback oder der Vermittlung von psychotherapeutisch orientierten Stressbewältigungsmaßnahmen bis hin zu komplexen Programmen zur Modifikation des Lebensstils, z. B. Ornish-Programm oder SAFE-LIFE-Programm. Im weiteren Sinn gehören auch Entspannungstherapien, z. B. Meditation, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Autogenes Training und atemorientierte Entspannungsübungen, z. B. Yoga, Tuna-Atemübungen, Qigong dazu. Allen Verfahren wird zur Behandlung und insbesondere zur Vorbeugung aufgrund zahlreicher Studienergebnisse ein wichtiger therapeutischer Stellenwert eingeräumt – vorausgesetzt, sie werden regelmäßig für täglich mindestens 30 Minuten durchgeführt.

Pflanzenheilkunde. KHK-Patienten profitieren vor allem von standardisierten Pflanzenextrakten, die auf eine Verringerung der Ursachen ihrer Krankheit abzielen, so etwa durchblutungsfördernde (z. B. Ginkgo) oder gefäßschützende Phytopharmaka (z. B. Knoblauch). Gegebenenfalls kommt auch hier Weißdorn (Crataegus laevigata, z. B. Crataegus® Stada Dragees, Crataegutt® Filmtabletten), infrage, der hauptsächlich bei moderater Herzinsuffizienz angewendet wird, doch neuere Studien lassen auch auf eine lindernde Wirkung des Weißdorns bei leichten Angina-pectoris-Beschwerden schließen.

Akupunktur. Je nach Beschwerdebild werden individuelle Punkte genadelt. Ob die Akupunktur zu einer langfristigen Besserung des Krankheitsverlaufs beiträgt, wird derzeit noch untersucht.

Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt u. a. Aconitum, Arnika und Cactus in niedrigen Potenzen zur Konstitutionstherapie sowie einige Komplexhomöopathika (z. B. Cralonin®, Diacard®).

Wechselbäder (Kneippsche Anwendungen). Wechselbäder Wechselwarme Teilbäder, Dampfbäder, Sitzvollbäder und andere Wasseranwendungen sollten am besten im Rahmen einer Kur (Herzbad oder Kneippkur) unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. Einige Studien bescheinigen den Verfahren sowohl bei einer stabilen KHK als auch bei leichten Formen der Herzinsuffizienz eine Linderung der Beschwerden.

Manuelle Therapien. Manuelle Therapien haben eher ergänzenden Charakter. Hilfreich sind Massagen, die auf eine Verbesserung der peripheren Durchblutung abzielen, außerdem profitieren KHK-Patienten von deren entspannendem Effekt.

Prävention

Gesund leben. Ob Sie einmal an einer lebensbedrohlichen KHK leiden werden, liegt weitgehend in Ihrer Hand: Gesunde Ernährungsgewohnheiten und ein gesunder Lebensstil können die Entwicklung und das Voranschreiten einer KHK zu über 80 % verhindern. Wer nicht raucht, halbiert beispielsweise sein KHK-Risiko. Bewegen Sie sich regelmäßig, verringern Sie Ihren Alkoholkonsum und achten Sie auf Ihr Gewicht.

Zurückhaltung bei Fett und Zucker. Meiden Sie fette Fleisch- und Wurstwaren, nicht fettreduzierte Milchprodukte, Fast-Food- und Fertiggerichte, aber auch frittierte bzw. fetthaltige Backwaren und Süßigkeiten. Achten Sie auch auf Ihren Zuckerkonsum, nicht nur wenn Sie Süßes essen. Meiden Sie Fertigprodukte und industrielle Nahrung, in denen häufig große Mengen Zucker versteckt enthalten sind.

Steter Tropfen höhlt den Stein: Nicht das Festessen an besonderen Tagen, sondern der tagtägliche übermäßige Konsum von tierischen Fetten führt langfristig zu Gefäßschäden.

Psychische Faktoren. Auch Lebensumstände, die zu innerer Gelassenheit führen, z. B. Geborgenheit in der Familie oder im Glauben, gute soziale Kontakte und Tagesabläufe ohne viel Hektik, Stress und Termindruck, mindern das Risiko für eine KHK. Prüfen Sie, wie Sie mit Stresssituationen umgehen und suchen Sie regelmäßig Entspannung. Es gibt viele gute Entspannungsmethoden, entsprechende Kurse werden z. B. an den Volkshochschulen oder durch Krankenkassen angeboten.

Spezielle Programme. Wer sich einem speziell für Herz-Kreislauf-Patienten entwickelten Programm zur Lebensstiländerung und Stressreduktion anschließen möchte, sollte vorab gut überlegen, ob er bereit ist, im Zweifelsfall radikal sein Leben zu ändern, und ob ihm seine täglichen Anforderungen genug zeitlichen Spielraum lassen, um das Gesamtkonzept im Alltag konsequent umzusetzen. So sieht z. B. das Ornish-Programm neben einer strengen fettarmen vegetarischen Kost und einer gruppenunterstützten Umstrukturierung der bisherigen Lebensweise auch Entspannungsübungen, Spaziergänge und andere Bewegungsübungen vor, für die mindestens zwei Stunden pro Tag eingeplant werden müssen.

Orthomolekularmedizin. Studien belegen den positiven Effekt von Magnesium bei der Prävention und Therapie von Angina pectoris.

Antioxidanzien machen die freien Sauerstoffradikale unschädlich, die Arteriosklerose beschleunigen, und verhindern die Entstehung des besonders schädlichen LDL-Cholesterins. Als Antioxidanzien wirken in erster Linie Vitamin E und Vitamin C sowie sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotinoide, Coenzym Q10 (Ubichinon) und das Spurenelement Selen. Sie sind z. B. in frischem Obst und Gemüse enthalten. Ihr Wert als Bestandteil der gesunden Ernährung ist unstrittig, ihre isolierte Zufuhr im Rahmen einer Nahrungsergänzung scheint dagegen wenig erfolgreich, möglicherweise sogar schädlich zu sein.

Während die regelmäßige Einnahme von Coenzym Q10 (therapeutischer Dosierungsbereich bis 300 mg pro Tag), Vitamin C (therapeutischer Dosierungsbereich ab 1000 mg pro Tag) und Selen (therapeutischer Dosierungsbereich bis 300 mg pro Tag) noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ließ sich eine therapeutische Wirkung von Vitamin E bislang nicht belegen. Abzuraten ist von der Zuführung von Betakarotin – es hat sich gezeigt, dass die regelmäßige Einnahme mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden sein kann.

Infektionen. Nutzen Sie die angebotene Grippeschutzimpfung und als Herzkranker besonders auch die Impfung gegen Lungenentzündung (Pneumovax®). Beide Impfungen werden für Herzkranke kostenlos in jeder Hausarztpraxis angeboten und von allen Krankenkassen erstattet. Kurieren Sie Infektionen jedweder Art immer gründlich aus, bevor Sie sich wieder belasten.

Weiterführende Informationen

  • Der PROCAM-Score ermöglicht die Einschätzung des Risikos, in den nächsten Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden. Er ist im Internet zu erreichen unter https://www.assmann-stiftung.de/procam-tests/
  • www.versorgungsleitlinien.de (Suchbegriff KHK) – Zusammenstellung von Patientenleitlinien, die von der Bundesärztekammer, medizinischen Fachgesellschaften und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung herausgegeben werden.
  • J. Gehring; G. Klein: Leben mit der koronaren Herzkrankheit. Urban & Vogel, 2015. Umfassende Informationen zur KHK für Patienten und Angehörige.

| Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Ödeme

Ödeme (Wassereinlagerungen, Wassersucht): Ansammlungen wässriger Flüssigkeit im Gewebe mit (meist) sichtbaren Schwellungen an der Hautoberfläche, die nicht gerötet und nicht schmerzhaft sind. Sie treten lokal begrenzt oder über den ganzen Körper verteilt (generalisiert) auf. Ödeme sind keine Krankheit an sich, sondern Begleiterscheinung einer zugrunde liegenden, eventuell schweren Erkrankung. Wird diese therapiert, verschwinden die Ödeme meist wieder. Um die Ausscheidung der Flüssigkeit aus dem Gewebe zu unterstützen, verordnen die Ärzte häufig Entwässerungstabletten (Diuretika).

Ödeme in Armen und Beinen nennt der Arzt periphere Ödeme. Dazu gehört auch die spezielle Form der Ödeme, das Lymphödem. Im Gegensatz zu den in diesem Beitrag besprochenen peripheren Ödemen gibt es auch die bedrohlichen inneren Ödeme wie Hirnödem, Lungenödem, Aszites und Pleuraerguss (siehe jeweils dort).

Symptome und Leitbeschwerden

  • Geschwollene Knöchel, Schwellungen an den Schienbeinen oder im Gesicht (je nach Ursache)
  • Bei bettlägerigen Patienten: Schwellung der Steißbeinregion
  • Rasche Gewichtszunahme
  • Manchmal nächtliches Wasserlassen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • sich die Ödeme nicht über Nacht von selbst zurückbilden.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Bei einem ausgeglichenen Wasserhaushalt herrscht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Flüssigkeitsausstrom aus den Kapillaren und dem Flüssigkeitseinstrom in diese hinein, d. h. es tritt Flüssigkeit im gleichen Maße in das umliegende Gewebe aus (Filtration) wie aus dem Gewebe in die Kapillaren zurückströmt (Reabsorption). Pro Tag gelangen circa 20 Liter Flüssigkeit durch die Kapillarwände in das umgebende Gewebe, 18 Liter davon fließen direkt über die Venen wieder in das Gefäßsystem und 2 Liter strömen indirekt durch das Lymphsystem zurück. Bei Ödemen ist dieses Verhältnis gestört und es tritt zuviel Flüssigkeit aus den Kapillaren aus. Die Flüssigkeit kann nicht vollständig zurückströmen und sammelt sich daher als Ödem im Gewebe.

Ursachen und Risikofaktoren

Es gibt viele Ursachen, warum sich Flüssigkeiten in das Gewebe einlagern. Oft kommen sie auch kombiniert vor. Typische zugrunde liegende Mechanismen sind hierbei:

  • Erhöhung des hydrostatischen Drucks, d. h. der nach außen gerichteten Kräfte des Bluts auf die Kapillarwände. Durch den erhöhten Druck wird Flüssigkeit aus den Gefäßen in das umliegende Gewebe gepresst. Typische Beispiele dafür sind Ödeme bei Herzinsuffizienz, hier staut sich das Blut vor dem Herzen, nach venösen Thrombosen oder bei chronisch venöser Insuffizienz
  • Erniedrigung des kolloidosmotischen Drucks, da zu wenig Eiweiß (Albumin) im Blut ist, z. B. beim nephrotischen Syndrom oder der Leberzirrhose. Beim Gesunden sorgen die kleinen Eiweißbausteine im Blut für ein ausgeglichenes Druckverhältnis zwischen Kapillaren und angrenzendem Gewebe, sie halten die Flüssigkeit sozusagen im Gefäß. Ist zu wenig Albumin vorhanden, wandert die nicht gehaltene Flüssigkeit in das Gewebe ab
  • Verringerte Wasserausscheidung durch eine verminderte Nierendurchblutung, z. B. bei einer Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz)
  • Erhöhte Durchlässigkeit der Kapillarwände, beispielsweise bei Allergien oder Entzündungen
  • Störung des Abflusses der Lymphe, wenn die Lymphbahnen verlegt sind, z. B. infolge von Tumoren (Lymphödem)
  • Medikamente wie Kortison, Antidepressiva oder Kalziumantagonisten bringen manchmal die Bildung von Ödemen mit sich.

Lokalisation und Verlauf

Der Arzt unterscheidet zwischen generalisierten und lokalisierten sowie akuten und chronischen Ödemen. Typisch für ein generalisiertes Ödem ist z. B. der Eiweißmangel, da die Eiweißbausteine im Blut über den gesamten Körper verteilt fehlen. Typisch für ein lokalisiertes Ödem sind z. B. angeschwollene Lippen bei einer Nahrungsmittelallergie.

  • Akute generalisierte Ödeme treten auf bei akuter Herzinsuffizienz und akutem Nierenversagen
  • Chronische generalisierte Ödeme treten auf bei chronischer Herzinsuffizienz, chronischer Niereninsuffizienz, Leberzirrhose
  • Akute lokalisierte Ödeme treten auf bei allergischen Reaktionen (z. B. das Quincke-Ödem, bei Verbrennung oder Entzündung
  • Chronische lokalisierte Ödeme treten auf beim Lymphödem, chronisch venöser Insuffizienz, postthrombotischen Syndrom.

Diagnosesicherung

Ödeme erkennt der Arzt leicht anhand der charakteristischen Schwellungen. Zur Behandlung muss er nach der zugrunde liegenden Erkrankung fahnden und diese entsprechend therapieren.

Dazu veranlasst er Blutuntersuchungen, um eine Nierenschädigung bzw. Störungen im Vitamin- und Mineralstoffhaushalt auszuschließen (Übersicht zu Vitaminen und Mineralstoffen). Es folgen Urinuntersuchungen, um ein mögliches nephrotisches Syndrom zu identifizieren. Eine Flüssigkeitsbilanz ist notwendig, um herauszufinden, ob mehr Flüssigkeit aufgenommen als ausgeschieden wird.

Außerdem röntgt der Arzt auch den Brustkorb, um Herz und Lunge zu prüfen und innere Ödeme nicht zu übersehen (Pleuraerguss). Per Ultraschall betrachtet er den Bauchraum, um eine Bauchwassersucht, Aszites, sowie eine Leberzirrhose auszuschließen. Ergänzend prüft er die Herzleistung mit einer Echokardiografie.

Weitere Untersuchungen hängen davon ab, welche Verdachtsdiagnose der Arzt nach der anfänglichen Untersuchung stellt.

Differenzialdiagnose. Angeschwollene Gliedmaßen finden sich z. B. auch bei der tiefen Beinvenenthrombose, bei inneren Hämatomen oder beim Lipödem.

Behandlung

Ödeme verschwinden in der Regel bei Behandlung der auslösenden Ursache von selbst. Das trifft vor allem auf akute lokalisierte Ödeme im Rahmen von Verbrennungen, Entzündungen oder allergischen Reaktionen zu. Auch bei den chronischen Ödemen steht die Therapie der Grunderkrankung, z. B. des Nierenversagens oder der Herzinsuffizienz im Mittelpunkt. Häufig muss der Arzt das Ausschwemmen der Flüssigkeit jedoch zusätzlich mit verschiedenen Maßnahmen unterstützen.

  • Bei ausgeprägten Ödemen verabreicht der Arzt Medikamente zur Entwässerung (Diuretika), um die angestauten Flüssigkeitsansammlungen aus dem Gewebe auszuschwemmen. Diese sind sehr wirksam und auch nebenwirkungsarm, sodass sie oft auf Dauer verordnet werden, und zwar gerade dann, wenn sich die Ödemursachen nicht beseitigen lassen, z. B. bei Herzinsuffizienz. Gelegentliche Elektrolytkontrollen (Blutuntersuchung auf Natrium, Kalium und Chlorid) sind jedoch erforderlich.
  • Ödeme, die als Begleiterscheinung von tiefen Beinvenenthrombosen auftreten, behandelt man mit Kompressionsstrümpfen.
  • Ist der Eiweißgehalt an Albumin im Blut sehr gering, verabreicht der Arzt je nach Ursache des Eiweißmangels Infusionen mit Albumin.
  • Beim Lymphödem sind vor allem Hochlagern, Kompression und Lymphdrainage angesagt (Näheres zur Therapie unter Lymphödem).

Für Patienten mit Ödemen besteht generell ein erhöhtes Risiko für Thrombosen, daher verordnet der Arzt häufig gerinnungshemmende Medikamente.

Ihr Apotheker empfiehlt

Leichtere, venöse Ödeme während der Schwangerschaft und kurz vor der Monatsblutung haben keinen Krankheitswert. Auch venöse Ödeme durch langes Stehen sind meist harmlos und bilden sich nach längerem Liegen wieder zurück (z. B. über Nacht). Sollte dies nicht eintreten, suchen Sie Ihren Hausarzt auf, denn das Ödem weist auf eine Störung im Wasserhaushalt hin und kann Folge einer ernstzunehmenden Erkrankung sein.

Was Sie selbst tun können

  • Hat Ihnen der Arzt Kompressionsstrümpfe verordnet, tragen Sie diese – auch wenn es unbequem ist.
  • Wechseln Sie häufig die Position der Beine, lagern sie sie zwischendurch immer mal wieder hoch, um bei Beinschwellungen den Abfluss aus dem Gewebe zu verbessern.

Wenn Sie Diuretika einnehmen

  • Überprüfen Sie anfangs täglich, später mindestens wöchentlich Gewicht und Blutdruck (zur Kontrolle des Wasserverlusts).
  • Nehmen Sie die Tabletten am besten morgens ein, um die Nachtruhe so wenig wie möglich zu stören.
  • Achten Sie auf Nebenwirkungen – besonders auf Herzstolpern und Muskelkrämpfe.
  • Achten Sie bei sei starkem Schwitzen, Fieber oder Durchfall auf eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten.
  • Halten Sie die mit dem Arzt besprochene Trinkmenge sorgfältig ein.
  • Für Diabetiker: Kontrollieren Sie zu Beginn der Therapie mit Diuretika den Blutzucker häufiger – Diuretika können den Glukosespiegel im Blut erhöhen.
  • Vorsicht mit Lakritz: Ein sehr hoher Lakritzkonsum kann die Wirkung von Diuretika steigern und zu einem Kaliummangel führen.
  • Nehmen Sie Kalium- und Vitamin-D-Präparate nur in Absprache mit dem Arzt ein.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Eine Reihe von Studien belegen, dass Rosskastaniensamenextrakt zur Behandlung von Ödemen bei chronisch venöser Insuffizienz effektiv ist, vor allem wenn die Anwendung über mehrere Monate erfolgt. Verfügbar sind standardisierte Fertigpräparate zur Einnahme (z. B. Aescorinforte® Kapseln, Aescusan® Filmtabletten, Perivar® Rosskastanien Retardtabletten). Für Patienten, die Rosskastaniensamen nicht vertragen, sind eventuell Fertigarzneien auf der Basis von Mäusedornwurzel (z. B. Phlebodril mono® Kapseln) eine Alternative.

| Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Plötzlicher Herztod

Plötzlicher Herztod (PHT, Sudden Cardiac Death, SCD): Plötzlicher Kreislaufstillstand, dem eine Herzerkrankung zugrunde liegt und der innerhalb 1 Stunde nach Eintreten der ersten Symptome zum Tode führt. In den Minuten zuvor bestanden meist lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen, z. B. Kammerflimmern.

In Deutschland sterben jährlich mehr als 100.000 Menschen am plötzlichen Herztod. Nur bei 10 % kann der Tod durch rechtzeitige Wiederbelebung abgewendet werden; man spricht dann vom überlebten plötzlichen Herztod. Innerhalb der folgenden Jahre sind die Überlebenden trotzdem stark durch einen erneut möglichen Kreislaufstillstand gefährdet. Um dies zu verhüten, empfehlen die Ärzte häufig das Einpflanzen eines speziellen ICD-Herzschrittmachers.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Herzklopfen, Herzrasen und Unwohlsein
  • Erst Kreislaufschwäche, später Bewusstlosigkeit, dann Kreislaufstillstand.

Keine Scheu vor Fehlalarm! Wenige Minuten können über Leben oder Tod entscheiden. Gleichzeitig muss sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden. Falls verfügbar, sollte eine Defibrillation erfolgen, auch durch nicht ausgebildete Laien.

Wann zum Arzt

Sofort den Notarzt rufen, wenn

  • die genannten Leitbeschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Ursachen und Risikofaktoren

In etwa 80 % aller Fälle trifft ein plötzlicher Herztod Patienten, die bereits einen Herzinfarkt überlebt haben oder an einer koronaren Herzerkrankung (KHK) leiden. Rund 30 % aller Betroffenen wussten jedoch vorher nicht von ihrer Erkrankung, d. h. bei ihnen ist der plötzliche Herztod das erste sichtbare Anzeichen einer KHK und trägt, da er so überraschend kommt, trotz aller medizinischen Fortschritte viel zu der hohen Sterblichkeitsrate bei Herzinfarkten bei. Daneben kommen als Ursache für den plötzlichen Herztod unentdeckte Herzmuskelentzündung, Aneurysmen, Kardiomyopathien sowie angeborene und erworbene Herzfehler infrage.

Das Risiko eines plötzlichen Herztods steigt mit zunehmendem Alter. In jüngeren Jahren sind Männer häufiger als Frauen betroffen, bei Menschen unter 40 Jahren ist ein plötzlicher Herztod jedoch insgesamt selten.

Durch einige spektakuläre Todesfälle ist der plötzliche Herztod bei Sportlern in den vergangenen Jahren in den Blickpunkt geraten. Er lässt sich zum Großteil auf vorher nicht diagnostizierte Herzfehler und -erkrankungen zurückführen. In Einzelfällen wurde jedoch auch ein Zusammenhang mit Doping vermutet.

Sonderfall: Adam-Stokes-Anfall

Der "kleine Bruder" des plötzlichen Herztods ist der (nach zwei irischen Ärzten benannte) Adams-Stokes-Anfall, ein Zustand kurzer Bewusstlosigkeit, der ebenfalls durch einen anfallsartigen Kreislaufstillstand infolge von Herzrhythmusstörungen hervorgerufen wird, aber ohne ärztliches Eingreifen wieder verschwindet. Falls der Herzschlag zu lange aussetzt, bleiben Gehirnschäden zurück.

Die Betroffenen werden oft aus völligem Wohlbefinden heraus ohne Vorboten bewusstlos und verletzen sich durch Sturz. Nach kurzer Zeit, wenn der Rhythmus wieder "anspringt", wachen sie genau so plötzlich wieder auf und haben nur für den Moment der Bewusstlosigkeit eine Erinnerungslücke. Die Diagnose kann im EKG gestellt werden, nur ist es manchmal sehr mühsam bis unmöglich, solche Zustände im EKG zu erfassen, wenn der Patient nicht gerade im Moment des Anfalles z. B. ein Langzeit-EKG-Speichergerät trägt. Zur Behandlung von Adams-Stokes-Anfällen wird in aller Regel ein Herzschrittmacher eingepflanzt, sofern nicht Medikamente wie eine zu hohe Digitalis- oder Betablocker-Dosierung für das Auftreten verantwortlich sind.

Behandlung

Die erste und dringendste Maßnahme ist die sofortige Wiederbelebung (kardiopulmonale Reanimation) des Patienten. Sobald ein Rettungssanitäter oder Notarzt erscheint, zeichnet er ein EKG auf, um andere plötzliche Todesursachen (z. B. eine Gehirnblutung) auszuschließen. Durch eine notfallmäßige Defibrillation versucht der behandelnde Arzt, wieder eine regelgerechte Herzaktion in Gang zu setzen. Anschließend steht die gezielte medikamentöse Therapie zur Stützung der Herzfunktion im Mittelpunkt.

Diagnosesicherung

Nach einem überlebten plötzlichen Herztod muss der Arzt die zugrundeliegende Ursache herausfinden. Dazu setzt er eine Reihe kardiologischer Verfahren wie z. B. Langzeit-EKG, Belastungs-EKG, Echokardiografie oder auch eine Herzkatheteruntersuchung ein. Kommt dabei eine Herzerkrankung zu Tage, wird diese behandelt.

Oft pflanzen die Ärzte dem Patienten zusätzlich einen speziellen Schrittmacher (ICD, Implantierbarer Kardio-Defibrillator) zur Verhütung weiterer gefährlicher Herzrhythmusstörungen ein. Ist dies nicht möglich, verordnen sie auch Medikamente, um den Herzrhythmus zu stabilisieren (Antiarrhythmika wie z. B. Amiodaron).

Prognose

Überlebt ein Patient den plötzlichen Herztod, hat er unbehandelt im ersten Jahr danach ein 30%iges und im zweiten Jahr ein 45%iges Risiko, erneut einen Herztod zu erleiden. Ein ICD verbessert die Prognose jedoch deutlich: der eingepflanzte Defibrillator verhindert einen Großteil der lebensgefährlichen, plötzlich auftretenden Episoden von Kammerflimmern.

Ihr Apotheker empfiehlt

  • Die beste Prävention gegen den plötzlichen Herztod ist ein gesunder Lebensstil und regelmäßiger Sport. Vor allem moderat betriebene Ausdauersportarten wie Schwimmen, Walken oder Radfahren sind günstig für das Herz-Kreislauf-System.
  • Seien Sie beim Sport nicht zu ehrgeizig! Fangen Sie langsam an und hören Sie langsam auf – verzichten Sie auf einen Schlussspurt, um sich noch einmal richtig auszupowern.
  • Kein Sport mit Infekt! Machen Sie bei Erkältungen und anderen Infekten immer eine Sportpause und kurieren Sie sich lange genug aus.
  • Für Wiedereinsteiger empfiehlt sich vor Aufnahme der sportlichen Betätigung ein Checkup beim Arzt.
  • Ist in Ihrer Familie ein plötzlicher Herztod in jüngerem Lebensalter aufgetreten, lassen Sie sich von Ihrem Arzt untersuchen, ob bei Ihnen ein erhöhtes Risiko vorliegt.

Weiterführende Informationen

Informationen zum ICD für Betroffene und Angehörige finden Sie auf http://www.s-icd.de/plotzlicher-herzstillstand/behandlung.html. Mehr zur Ersten Hilfe mit dem Defibrillator finden Sie auf http://www.lebensrettung-bei-herztod.de/.

| Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski